Problemüberblick
Im Fall haben die Wohnungseigentümer B1 und B2 ihre Wohnung an X vermietet. Dazu sind sie nach § 13 Abs. 1 WEG berechtigt. Überlässt ein Wohnungseigentümer sein Sondereigentum einem Dritten, muss er dafür sorgen, dass dieser die Regelungen der Wohnungseigentümer untereinander kennt und beachtet. Gibt es keine besonderen Regelungen – solche können nach § 19 Abs. 1 WEG beschlossen oder § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG vereinbart werden – muss der Wohnungseigentümer als Vermieter dafür sorgen, dass der Mieter die anderen Wohnungseigentümer nicht vermeidbar stört. Das Gesetz spricht an dieser Stelle davon, dass der Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern keinen Nachteil zufügen darf, der das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß übersteigt.
Dass ein Wohnungseigentümer diese Pflicht hat, war im bis zum 1.12.2020 geltenden Recht dem Gesetz unmittelbar zu entnehmen. Denn nach § 14 Nr. 2 WEG a. F. musste ein Wohnungseigentümer für die Einhaltung der in § 14 Nr. 1 WEG a. F. bezeichneten Pflichten durch Personen sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der im Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überlässt. Diese klare Regelung hat die WEG-Reform gestrichen. Der Sache nach kann aber nicht zweifelhaft sein, dass ein Wohnungseigentümer weiterhin verpflichtet ist, seinen Mieter oder Pächter oder andere Drittnutzer, zum Beispiel einen Nießbraucher, zur Ordnung zu rufen, wenn dieser über die Stränge schlägt und stört. Was er im Einzelnen tun muss, ist allerdings seine Sache. Man kann nur darauf klagen, dass der Vermieter – wie auch immer – auf den Drittnutzer mit dem Ziel einwirkt, die Störungen abzustellen.
Im Fall wird vor diesem Hintergrund nur gefragt, was gilt, wenn ein Mieter als Drittnutzer nicht nur das Sondereigentum, sondern auch das gemeinschaftliche Eigentum stört. Es hätte allerdings auch gefragt werden sollen, ob die Benutzungsbestimmungen der Wohnungseigentümer den Mieter binden und was gilt, wenn solche Benutzungsbestimmungen fehlen.
Mitstörung des gemeinschaftlichen Eigentums
Nach § 9a Abs. 2 WEG übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte aus. Stört ein Wohnungseigentümer oder ein Drittnutzer das gemeinschaftliche Eigentum und eine Wohnung oder einen Raum, die im Sondereigentum stehen, muss man daher fragen, was bei einer Überschneidung gilt.
Für diese Fälle hat der BGH bereits im Sommer 2021 für das neue WEG eine Klärung herbeigeführt. Danach kann ein Wohnungseigentümer auch nach dem 1.12.2020 Unterlassungs- und/oder Beseitigungsansprüche gem. § 1004 BGB oder § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, die auf die Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums gerichtet sind, auch dann selbst geltend machen, wenn zugleich das gemeinschaftliche Eigentum von den Störungen betroffen ist (BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 41/19, Rn. 13). Die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gem. § 9a Abs. 2 WEG bezieht sich also nur auf die Abwehr von Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums.
Das Recht eines Wohnungseigentümers, Störungen abzuwehren, die sowohl den räumlichen Bereich seines Sondereigentums als auch das gemeinschaftliche Eigentum beeinträchtigen, beschränkt sich allerdings nur auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche in Bezug auf das Sondereigentum. Ein Recht, daneben Ausgleich in Geld zu verlangen, besteht nur unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG (BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 41/19, Rn. 16).
Bindung eines Mieters an Hausordnung
Verstößt ein Mieter als Drittnutzer gegen eine Benutzungsvereinbarung der Wohnungseigentümer für das gemeinschaftliche Eigentum, steht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern bei einer Störung gegen den Mieter ein direkter Anspruch gegen diesen auf Unterlassung gem. § 1004 Abs. 1 BGB zu (BGH, Urteil v. 25.9.2020, V ZR 300/18, Rn. 27).
Der Mieter übt in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum eine von seinem Vermieter als Miteigentümer abgeleitete Befugnis zur Inanspruchnahme des auch fremden Miteigentums an dem Grundstück aus, die nicht weiter reichen kann als die Befugnis des Eigentümers, der sie dem Mieter im Rahmen des Mietverhältnisses einräumt (BGH, Urteil v. 25.9.2020, V ZR 300/18, Rn. 27). Das gilt im Ergebnis auch für einen den Vereinbarungen widersprechenden Gebrauch des vermieteten Sondereigentums durch den Mieter. Der Inhalt des Sondereigentums kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer, etwa durch eine Zweckbestimmung, näher ausgestaltet und im Verhältnis zu den anderen Sondereigentümern beschränkt werden, deren Eigentum dann auch einen Anspruch auf Einhaltung dieser Beschränkung umfasst. Eine der Zweckbestimmung widersprechende Nutzung einer Sondereigentumseinheit stellt sich daher als (mittelbare) Beeinträchtigung des Eigentums aller Wohnungseigentümer dar, und zwar auch dann, wenn sie nicht durch den Sondereigentümer...