Leitsatz
Einer Mieterhöhung nach § 558 BGB ist die vereinbarte Wohnfläche zugrunde zu legen, wenn die tatsächliche Wohnfläche zum Nachteil des Mieters um nicht mehr als 10 % davon abweicht (im Anschluss an BGH, Urteil v. 23.5.2007, VIII ZR 138/06, NJW 2007, 2626).
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 558 Abs. 6
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag, in dem die Wohnfläche mit 55,75 qm vereinbart ist. Die tatsächliche Wohnfläche beträgt lediglich 51,03 qm; die Abweichung von der Vertragsfläche beläuft sich mithin auf 8,47 %. Die Nettomiete betrug zuletzt 360,47 EUR. Der Vermieter hat die Mieterin gem. § 558 BGB auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf 432,56 EUR in Anspruch genommen. Er hat die Erhöhung auf der Grundlage eines Mietspiegels begründet. Dort ist ein Quadratmeterpreis von 7,76 EUR ausgewiesen. Legt man die Vertragsfläche zugrunde, so ergibt sich eine Miete von 55,75 qm x 7,76 EUR = 432,62 EUR. Die Instanzgerichte haben der Mieterhöhung stattgegeben.
Die Revision der Mieterin hatte keinen Erfolg: Nach § 558 Abs. 1 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Diese wird aus den üblichen Entgelten gebildet, die für vergleichbaren Wohnraum gezahlt werden. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit kommt es u. a. auf die Größe der Wohnungen an (§ 558 Abs. 2 S. 1 BGB). In § 558 Abs. 6 BGB ist geregelt, dass eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam ist. Die Literatur vertritt allgemein die Ansicht, dass eine abweichende Vereinbarung in diesem Sinn auch dann vorliegt, wenn die Parteien regeln, dass für die Mieterhöhung eine größere als die tatsächliche Wohnfläche maßgebend sein soll (Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 558 BGB Rdn. 64; Emmerich in: Staudinger (2006), § 558 BGB Rdn. 32; Artz in: MünchKomm, § 558 BGB Rdn. 23; Ehlert in: Bamberger/Roth, § 558 BGB Rdn. 28; Sternel, Mietrecht Aktuell (2009), Rdn. IV 167; Elzer in: FA MietRWEG, Kap. 5 Rdn. 157; Flintrop in: Hannemann/Wiegner, MAH Mietrecht, § 35 Rdn. 59; Kunze in: Lützenkirchen, AHB-Mietrecht, 3. Aufl., Rdn. E 12).
Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Er hat bereits mehrmals zu der Frage der Flächenabweichung Stellung genommen. In dem Urteil vom 7.7.2004 (VIII ZR 192/03, NJW 2004, 3115) hat er einen Fall behandelt, in dem die im Vertrag ausgewiesene Fläche größer war als die wirkliche Wohnfläche. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass für das Mieterhöhungsverfahren grundsätzlich die im Vertrag angegebene Fläche maßgebend ist. Eine Ausnahme gilt, wenn die Abweichung mehr als 10 % beträgt. Dann sei der Vertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage den wirklichen Gegebenheiten anzupassen. Für das Mieterhöhungsverfahren ist dann die wirkliche Fläche maßgebend. In dem Urteil vom 23.5.2007 (VIII ZR 138/06, NJW 2007, 2626) hat der BGH entschieden, dass dieselben Grundsätze gelten, wenn die im Vertrag angegebene Fläche kleiner ist als die wirkliche Fläche. Auch hier ist die angegebene Fläche maßgebend. Eine Anpassung des Vertrags findet auch hier nur statt, wenn die Abweichung mehr als 10 % beträgt.
An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest. Die Regelung des § 558 Abs. 4 BGB sei nicht einschlägig. Unter den dort genannten abweichenden Vereinbarungen seien nur solche "Abreden gemeint, die die formellen oder materiellen Voraussetzungen für eine Mieterhöhung abändern". Dies treffe auf eine Wohnflächenvereinbarung nicht zu.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 08.07.2009, VIII ZR 205/08, NJW 2009, 2739 m. Anm. Börstinghaus, WuM 2009, 461