Leitsatz
Wird der Mieter verurteilt, einer Mieterhöhung zuzustimmen, so muss sich aus dem Urteilstenor ergeben, zu welchem Zeitpunkt die Mieterhöhung wirksam wird. Ein Urteil mit einem unvollständigen Urteilstenor hat aber nicht zur Folge, dass dessen Wirkungen erst mit der Rechtskraft eintreten. Vielmehr ist die Urteilsformel unter Berücksichtigung des Tatbestands, der Entscheidungsgründe und des Parteivortrags im Prozess auszulegen.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 558b
Kommentar
Der Vermieter forderte den Mieter mit Schreiben vom 29.8.2005 auf, einer Mieterhöhung von 550 EUR auf 655 EUR ab November 2005 zuzustimmen. Das Mieterhöhungsverlangen ging dem Mieter am 31.8.2005 zu. Der Mieter hat der Erhöhung nicht zugestimmt. Aus diesem Grund hat der Vermieter Klage erhoben mit dem Antrag, den Mieter zur Zustimmung einer Mieterhöhung von 550 EUR auf 655 EUR zu verurteilen. Der Zeitpunkt der Mietänderung ist in dem Klagantrag nicht genannt. Das Amtsgericht hat der Klage durch Urteil vom 7.5.2007 in Höhe von 606,64 EUR stattgegeben; in dem Urteilstenor ist der Zeitpunkt, ab dem die erhöhte Miete geschuldet wird, ebenfalls nicht angegeben. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Mieter hat den Erhöhungsbetrag nicht bezahlt. Deshalb erhob der Vermieter Klage auf Zahlung der erhöhten Miete ab November 2005. Der BGH hatte zu entscheiden, ab welchem Zeitpunkt die erhöhte Miete geschuldet wird, wenn das Zustimmungsurteil keinen bestimmten Zeitpunkt nennt.
Nach der gesetzlichen Regelung in § 558b Abs. 1 BGB schuldet der Mieter die erhöhte Miete "mit Beginn des dritten Kalendermonats nach dem Zugang des Erhöhungsverlangens". Hier ging das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter am 31.8.2005 zu; die erhöhte Miete war deshalb ab November 2005 zu zahlen. In der Literatur wird allerdings die Ansicht vertreten, dass die gesetzliche Regelung nur gilt, wenn sich dieser Zeitpunkt aus dem Tenor des Zustimmungsurteils ergibt. Enthält das Zustimmungsurteil keinen Zeitpunkt, wird die erhöhte Miete erst ab Rechtskraft des Urteils geschuldet (Börstinghaus, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 558b BGB Rdn.72).
Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Zwar ist es grundsätzlich erforderlich, dass in der Urteilsformel der Zeitpunkt genannt wird, ab dem der Mieter die erhöhte Miete schuldet. Ein Urteil mit einem unvollständigen Urteilstenor hat aber nicht zur Folge, dass dessen Wirkungen erst mit der Rechtskraft eintreten. Vielmehr ist die Urteilsformel unter Berücksichtigung des Tatbestands, der Entscheidungsgründe und des Parteivortrags im Prozess auszulegen. Hier war aufgrund des Mieterhöhungsverlangens klar, dass der Vermieter eine Zustimmung ab dem gesetzlichen Wirkungszeitpunkt, also ab November 2005, verlangt hat.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 8.6.2011, VIII ZR 204/10, WuM 2011 S. 423