Leitsatz
Ein Mieterhöhungsbegehren ist nicht deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil der Vermieter darin zur Begründung auf den bisher geltenden Mietspiegel und nicht auf den kurz zuvor veröffentlichten neuesten Mietspiegel Bezug genommen hat.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 558a
Kommentar
Mit Schreiben vom 29.6.2009 verlangte der Vermieter einer in Berlin gelegenen Wohnung Zustimmung zur Mieterhöhung von 388,28 EUR auf 447,20 EUR. Er nahm hierbei auf den Mietspiegel 2007 Bezug. Kurz zuvor, nämlich am 24.6.2009 wurde der Berliner Mietspiegel 2009 im Amtsblatt veröffentlicht. Der Mieter hat die Ansicht vertreten, dass das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam sei, weil es keine den Vorschriften des Gesetzes entsprechende Begründung enthalte. Unter dem Begriff des "Mietspiegels" im Sinne des § 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB sei nämlich nur der jeweils aktuelle Mietspiegel zu verstehen.
Für die Ansicht des Mieters spricht der Wortlaut des Gesetzes: Der Vermieter kann zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens unter anderem auf "einen Mietspiegel" Bezug nehmen (§ 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB). Ergänzend hierzu ist in § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB geregelt, dass zur Begründung auch ein veralteter Mietspiegel verwendet werden kann, wenn im Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung kein aktueller Mietspiegel vorhanden ist. Vom Fehlen eines aktuellen Mietspiegels ist dabei dann auszugehen, wenn der Zeitpunkt der Datenerhebung mehr als 2 Jahre zurückliegt. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (LG Stuttgart, Urteil v. 2.12.2009, 4 S 61/09, NZM 2010 S. 161) und in der Literatur (Börstinghaus, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, §§ 558c, 558d Rdn. 47; ders. in jurisRP-MietR 2/2010 Anm. 1; Emmerich, in Staudinger (2011), § 558a Rdn. 32) wird im Hinblick hierauf die Meinung vertreten, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam ist, wenn der Vermieter auf einen veralteten Mietspiegel Bezug nimmt, obwohl die weiteren Voraussetzungen des § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB (Fehlen eines aktuellen Mietspiegels) nicht vorliegen.
Der BGH ist anderer Ansicht. Bei der Verwendung eines veralteten Mietspiegels handele es sich um einen bloß inhaltlichen Fehler. Eine Begründung hierfür enthält die Entscheidung nicht. Ebenso fehlt eine Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des Gesetzes und der hierzu vorliegenden Rechtsprechung und Literatur.
Rücknahme des Erhöhungserklärung möglich
Weist der aktuelle Mietspiegel – wie in der Regel – eine höhere Miete aus als sein Vorgänger, ist der Vermieter an den in der Erhöhungserklärung verlangten Betrag als Obergrenze gebunden. Eine Rücknahme vor Ablauf der Zustimmungsfrist ist nicht möglich.
Hat der Mieter nicht zugestimmt, so kann der Vermieter entweder das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen weiterverfolgen oder dieses zurücknehmen und eine neue Erhöhung verlangen. Der Vermieter kann das Mieterhöhungsverlangen nach Ablauf der Zustimmungsfrist allerdings zurücknehmen und ein neues (mit dem aktuellen Mietspiegel begründetes) Mieterhöhungsverlangen stellen. Die jeweiligen Fristen beginnen dann erneut zu laufen.
Link zur Entscheidung
BGH, Versäumnisurteil v. 6.7.2011, VIII ZR 337/10, WuM 2011 S. 517