Leitsatz

1. Bei Wegfall der Preisbindung ist die zuletzt geschuldete Kostenmiete – einschließlich etwaiger Zuschläge nach § 26 NMV – nunmehr als "Marktmiete" zu zahlen.

2. Die Nichteinhaltung der Abrechnungsfrist steht einer Anpassung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB nicht entgegen.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 560 Abs. 4, NMV § 26 Abs. 4

 

Kommentar

1 Kostenmiete gilt nach Wegfall der Preisbindung weiter

Die Entscheidung betrifft eine sog. Bundesbediensteten-Wohnung, für deren Errichtung der Vermieter Wohnungsfürsorgemittel des Bundes erhalten hatte. Die Wohnung unterlag der Preis- und Belegungsbindung. Im Jahr 2001 erteilte die Behörde gem. § 7 Abs. 1 WoBindG hinsichtlich der Belegungsbindung eine Freistellungsbescheinigung. Der Fördervertrag sah für diesen Fall vor, dass der Vermieter erhöhte Ausgleichszahlungen an die Förderstelle zu leisten hatte; in Höhe der erhöhten Zahlungen durfte der Vermieter vom Mieter gem. § 26 Abs. 4 NMV einen Zuschlag zur Einzelmiete verlangen. Demgemäß vereinbarte der Vermieter mit dem Mieter, dass dieser neben der Grundmiete und den Betriebskosten einen "Kostenmietzuschlag" von 28,37 EUR zu zahlen hatte. Ende 2003 entfiel die Preisbindung. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Kostenmietzuschlag über das Ende der Preisbindung hinaus geschuldet wird.

Dies wird vom BGH bejaht. Es gilt der Grundsatz, dass die zuletzt geschuldete Kostenmiete nach dem Wegfall der Preisbindung als "Marktmiete" weitergilt. Etwas anderes kommt in Betracht, wenn im Mietvertrag der Wegfall des Zuschlags vereinbart ist. Dies war hier nicht der Fall.

2 Anpassung der Betriebskostenvorauszahlung

Außerdem streiten die Parteien um die Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2007 und 2008.

Der Vermieter hat über die Betriebskosten des Kalenderjahrs 2005 im April 2007 abgerechnet und in der Abrechnung eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen ab Juni 2007 verlangt. Der Mieter hat die monatlichen Erhöhungsbeträge nicht bezahlt. Mit der im Mai 2008 erhobenen Klage macht der Vermieter die erhöhten Vorauszahlungen für die Zeit von Juni 2007 bis April 2008 geltend. Über die Klage wurde in der zweiten Instanz am 7.8.2009 verhandelt.

2.1 Betriebskostenvorauszahlungen 2007

Der BGH führt aus, dass die Abrechnungsfrist betreffend die Betriebskosten für das Kalenderjahr 2007 am 31.12.2008 abgelaufen ist (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB). Ist der Anspruch des Mieters auf die Abrechnung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fällig, so kann der Vermieter nur noch einen eventuellen Abrechnungssaldo geltend machen.

Ein solcher Fall war hier gegeben, weil die mündliche Verhandlung im August 2009 – also lange nach dem Ablauf der Abrechnungsfrist (Dezember 2008) – stattgefunden hat. Der Vermieter ist gehalten, die Klage umzustellen; hierauf muss das Instanzgericht den Vermieter hinweisen. Einen solchen Hinweis hatte das Berufungsgericht versäumt. Deshalb hat der BGH die Klage nicht abgewiesen, sondern das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

2.2 Betriebskostenvorauszahlungen 2008

Über die Betriebskosten des Jahres 2008 war erst Ende 2009 abzurechnen. Vorauszahlungen konnten also geltend gemacht werden, weil der Abrechnungsanspruch des Mieters im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im August 2009 noch nicht fällig war.

Hier ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 560 Abs. 4 BGB gegeben sind. Nach dieser Vorschrift kann jede Vertragspartei "nach einer Abrechnung" eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen. Von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur wird hierzu die Ansicht vertreten, dass das Anpassungsrecht nur besteht, wenn die der Anpassung zugrunde liegende Abrechnung innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB erfolgt ist (LG Berlin, Urteil v. 8.12.2003, 67 S 235/03, NZM 2004 S. 339; Weitemeyer in: Staudinger (2006), § 560 BGB Rdn. 47). Nach h. M. spielt es dagegen keine Rolle, ob die Abrechnung rechtzeitig erteilt wurde (Langenberg in: Schmidt-Futterer, § 560 BGB Rdn. 44; Blank/Börstinghaus, § 560 BGB Rdn. 23; Palandt/Weidenkaff, § 560 BGB Rdn. 16; Schmid in: MünchKomm, § 560 BGB Rdn. 30).

Von dieser Streitfrage hing die Entscheidung ab. Grundlage für die Erhöhung der Vorauszahlungen war die Abrechnung für das Kalenderjahr 2005. Diese ist dem Mieter erst im April 2007 – also verspätet – mitgeteilt worden. Der BGH folgt in der Sache der h. M. Er führt aus, dass das Anpassungsrecht lediglich eine formell ordnungsgemäße Abrechnung voraussetzt. Bei einer verspäteten Abrechnung gehen zwar die Nachforderungsansprüche des Vermieters verloren (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB), weitere Sanktionen sind im Gesetz aber nicht vorgesehen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 16.6.2010, VIII ZR 258/09, WuM 2010 S. 490

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