2.6.1 Grundsätze

Nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Mieterhöhung ausgeschlossen, soweit sie auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Anders als im Fall des § 555d Abs. 2 BGB stellt die Vorschrift allein auf die Mietvertragsparteien ab und nicht weiter auf die Interessen von weiteren Wohnungsnutzern sowie des Klimaschutzes. Per se findet eine Abwägung der gegenseitigen Interessen nach § 559 Abs. 4 Satz 2 BGB dann nicht statt, wenn

  1. die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wurde, der allgemein üblich ist, oder
  2. die Modernisierungsmaßnahme aufgrund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hatte.

    In diesem Fall gilt allerdings eine Rückausnahme für den Fall, dass die Modernisierungsmaßnahme auch die Voraussetzungen des § 555b Nr. 1 oder Nr. 1a BGB erfüllt und mittels Einbaus oder Aufstellung einer Heizungsanlage zum Zwecke der Inbetriebnahme in einem Gebäude durchgeführt wurde.

2.6.2 Allgemein üblicher Zustand

Wird die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt, der allgemein üblich ist, findet eine gegenseitige Interessenabwägung nicht statt. In diesem Fall kann der Vermieter die Kosten, die für die Modernisierungsmaßnahme angefallen sind, innerhalb der Grenzen des § 559 BGB auf den Mieter umlegen. Allgemein üblich ist ein Zustand, den die Mehrzahl der Wohnungen gleichen Alters in einem bestimmten Gebiet bzw. einer bestimmten Region aufweisen. Wie weit der Begriff der Region zu ziehen ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Der BGH[1] hatte einmal auf ein Bundesland abgestellt, was zurecht kritisiert wurde, weshalb eher auf die Maßgaben des Einzelfalls (insbesondere in den Flächenländern) abgestellt wird.[2]

Mit Blick auf die nach GEG erforderlichen Maßnahmen dürfte dem Kriterium des allgemeinen Zustands ohnehin keine Bedeutung zukommen, da die Vorgaben allgemein zu erfüllen sind und lediglich im konkreten Einzelfall einmal eine Befreiung von den Pflichten auf Grundlage von § 102 GEG infrage kommen kann.

[2] Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 16. Aufl. 2024, BGB § 559 Rn. 116.

2.6.3 Vom Vermieter nicht zu vertreten

Eine gegenseitige Interessenabwägung findet auch dann nicht statt, wenn die Modernisierungsmaßnahme aufgrund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hatte. In erster Linie ist hier an die anlasslosen Pflichten des Vermieters insbesondere nach § 47 GEG zur Dämmung oberster Geschossdecken zu denken, aber auch an die Fälle etwa anlassbezogener Pflichten nach § 48 GEG. Zwar werden in beiden Fällen im Regelfall ohnehin auch die Voraussetzungen einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nr. 1 BGB erfüllt sein, weil durch die jeweilige Maßnahme in Bezug auf die Mietsache nachhaltig Endenergie eingespart wird, dennoch aber besteht in erster Linie eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben des GEG.

2.6.4 Maßnahmen nach § 555b Nr. 1 oder Nr. 1a BGB

Im Fall von Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b Nr. 1 und Nr. 1a BGB, also in den Fällen der energetischen Modernisierung oder der Erfüllung der 65 %-EE-Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG, ist der Mieter nicht mit einem Härteeinwand ausgeschlossen. Folgende Kriterien sind im Rahmen der Interessenabwägung nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB zu berücksichtigen:

  • Die zu erwartende Mieterhöhung,
  • die Höhe des Mietereinkommens und
  • die Vermieterinteressen.

Zu erwartende Mieterhöhung

Zunächst einmal ist zu berücksichtigen, dass Maßnahmen der energetischen Modernisierung nach § 555b Nr. 1 BGB in aller Regel mit einer finanziellen Ersparnis des Mieters bezüglich der Belastung mit Betriebskosten verbunden sind, vermag dies im Einzelfall auch nicht so sein. Zu berücksichtigen ist stets auch, dass die konkrete Wohnung in einem angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mieters steht.[1] Bewohnt der Mieter eine für seine Verhältnisse zu teure oder große Wohnung, wird er mit dem Härteeinwand der zu erwartenden Mieterhöhung wesentlich weniger erfolgreich sein, als wenn er eine für seine Verhältnisse angemessene Wohnung bewohnen würde.

Höhe des Mietereinkommens

Maßgeblich ist hier nicht nur allein das Nettoeinkommen des Mieters, vielmehr sind auch Sachzuwendungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Maßgeblich sind insoweit stets die Maßgaben des konkreten Einzelfalls.[2] Starre Grenzen existieren insoweit nicht, wobei Miethöhen von 33 % des Einkommens, sei es Arbeitslohn bzw. Gehalt oder Rentenbezug, bereits problematisch werden,[3] die Grenze ist jedenfalls bei 50 % überschritten.[4]

Im Allgemeinen kann der Mieter nicht gezwungen werden, seine Wohnung teilweise unterzuvermieten.[5] Ist die Wohnung deutlich unterbelegt oder umfasst sie ein separates Zimmer mit eigenem Ausgang, dürfte anderes gelten.[6] Wird die Mieterhöhung allerding zu einem nicht unerheblichen Teil durch Wohngeld oder vergleichbare Beihilfeleistungen aufgefangen, entfällt der Härtegrund.[7]

Vermieter...

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