Leitsatz
Dem Mieter, der Räume von einem nicht verfügungsberechtigten Vermieter gemietet hat, wird der vertragsgemäße Gebrauch bereits dadurch entzogen, dass der wahre Berechtigte nicht bereit ist, den Mieter die Mietsache zu den mit dem Vermieter vereinbarten Konditionen nutzen zu lassen.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 541 a.F.
Kommentar
Der Mieter schloss im Juni 1994 mit einer Gemeinde einen Mietvertrag über Wohn- und Gewerberäume. In der Folgezeit investierte der Mieter erhebliche Mittel in den Um- und Ausbau der Räumlichkeiten. Im Dezember 1994 erfuhr der Mieter, dass nicht die Gemeinde, sondern die Bundesrepublik Deutschland Eigentümerin der Immobilie ist. Diese wollte den Mietvertrag nicht gegen sich gelten lassen, war aber bereit, mit dem Mieter einen Mietvertrag zu einem höheren Mietzins abzuschließen. Hierauf hat sich der Mieter nicht eingelassen; vielmehr hat er das Gebäude geräumt. In der Folgezeit hat er einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Ersatzansprüche gegen die Vermieterin wegen der vergeblichen Investitionen beauftragt. Dieser hat allerdings keine Klage erhoben. Nunmehr hat der Mieter den Rechtsanwalt auf Schadensersatz wegen der Schlechterfüllung des Anwaltsvertrags in Anspruch genommen.
Der Schadensersatzanspruch des Mieters gegen die vermietende Gemeinde kann sich aus § 541 BGB a. F. (= § 536 Abs. 3, § 536a Abs. 1 BGB n. F.) ergeben. Danach haftet der Vermieter im Fall eines Rechtsmangels auf Schadensersatz. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn dem Mieter "der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ... entzogen" wird. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, dass der Tatbestand des § 541 BGB nicht gegeben sei, weil die Eigentümerin der Immobilie den Mieter nicht zur Herausgabe der Mietsache aufgefordert habe.
Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Zwar genügt es für die Annahme eines Rechtsmangels nicht, dass dem Besitzrecht des Mieters das Recht eines Dritten entgegensteht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte sein Recht geltend macht. Hiervon ist allerdings nicht erst dann auszugehen, wenn der Dritte sein Recht durchsetzt; es genügt, wenn die Durchsetzung angedroht wird. Dies ist unter anderem bereits dann der Fall, wenn der Eigentümer erklärt, dass er nicht bereit sei, dem Mieter die Sache zu den mit dem Vermieter vereinbarten Konditionen zu belassen.
Der BGH hat das Verfahren an das Berufungsgericht zurückgegeben, weil der Sachverhalt noch nicht aufgeklärt war.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 10.07.2008, IX ZR 128/07BGH, Urteil v. 10.7.2008, IX ZR 128/07, NJW 2008, 2771 m. Anm. Kurek = MietRB 2008, 326