Leitsatz
In diesem Verfahren ging es primär um die Frage, ob einem gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltsverpflichteten Unterhaltsschuldner eine Nebenerwerbstätigkeit sowie ein Umzug in ein anderes Bundesland zugemutet werden kann, um seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommen zu können.
Sachverhalt
Minderjährige Kinder nahmen ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Der Beklagte hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung als Koch für Gemeinschaftsverpflegung im Jahre 1983 beendet. In der Folgezeit war er bis Ende August 2001 bei verschiedenen Betrieben beschäftigt. Seit Ende August 2001 war er immer wieder über längere Zeit arbeitslos, seit Ende 2004 war er fortlaufend arbeitslos. Seit April 2008 war er aus gesundheitlichen Gründen gänzlich erwerbsunfähig.
Das erstinstanzliche Gericht war von einem bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten i.H.v. 916,00 EUR ausgegangen und hatte den Anträgen der Kläger wegen eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Beklagten nur in geringem Umfang stattgegeben.
Die Kläger beabsichtigten, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen und beantragten hierfür Prozesskostenhilfe.
Ihr Antrag blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Beklagte in dem streitgegenständlichen Zeitraum nur eingeschränkt und allenfalls in Höhe der erstinstanzlich ausgeurteilten Beträge zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet sei. Das erstinstanzliche Gericht sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte auch dann, wenn er sich in ihm zumutbarer Weise um eine Arbeitsstelle bemüht hätte - was vorliegend nicht der Fall gewesen sei - jedenfalls kein höheres Einkommen als monatlich bereinigt 916,00 EUR erzielen könne.
Neben den Einkünften aus fiktiver Erwerbstätigkeit könne ihm nicht auch noch weiteres Einkommen aus fiktiver Nebenerwerbstätigkeit zugerechnet werden. Auch Eltern minderjähriger Kinder hätten Anspruch auf Erholung (Wendl/Staudigl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rz. 251 m.w.N.).
Grundsätzlich sei ohnehin bei der fiktiven Zurechnung von Nebeneinkünften Vorsicht geboten. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 5.3.2003 (FamRZ 2003, 661) seien für die Verpflichtung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit vor allem die Beschränkungen des Arbeitszeitgesetzes zu berücksichtigen. Zusätzlich sei zu prüfen, ob und in welchem Umfang es dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zugemutet werden könne, eine Nebentätigkeit auszuüben. Im vorliegenden Fall stehe schon der Gesundheitszustand des Beklagten der Anrechnung fiktiver Nebentätigkeitseinkünfte neben fiktiven Einkünften aus einer vollschichtigen Tätigkeit entgegen, da er unstreitig seit April 2008 erwerbsunfähig sei.
Es bestehe auch keine Verpflichtung des Beklagten, eine Erwerbstätigkeit außerhalb Sachsens anzunehmen. Selbst wenn eine solche Verpflichtung bestünde, führe dies im Ergebnis jedenfalls nicht zu einem höheren Barunterhaltsanspruch der Kläger. Auch die mit einem Umzug verbundene Verpflichtung zur bundesweiten Arbeitsplatzsuche müsse im Einzelfall begründet werden (BVerfG NJW 2006, 2317; BVerfG FamRZ 2007, 273). Hierbei sei zu beachten, dass der Unterhaltsschuldner die mit dem Umzug verbundenen Kosten einkommensmindernd abziehen könne. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Umzugskosten jedenfalls zu einer angemessenen Erhöhung seines Selbstbehalts führen würden. Vor diesem Hintergrund könne auch dieser von den Klägern eingebrachte Gesichtspunkt ihrer Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 13.01.2009, 20 UF 644/08