Leitsatz
Die in einem Pachtvertrag verwendete Klausel "Pachtminderungen und Aufrechnung gegenüber dem Pachtanspruch des Verpächters sind ausgeschlossen, soweit die Forderungen des Pächters nicht rechtskräftig festgestellt oder unbestritten sind" ist wirksam.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 536
Kommentar
1 Minderungsausschluss ist möglich
Zwischen den Parteien ist zunächst streitig, ob und in welchem Umfang in einem Pachtvertrag die Minderungsbefugnis des Mieters formularvertraglich ausgeschlossen werden kann.
Der Senat erachtet den Ausschluss der Minderung für wirksam: Bei der Geschäftsraummiete können die Parteien – anders als bei der Wohnraummiete – das aus § 536 BGB folgende Minderungsrecht beschränken oder ausschließen. Solche Regelungen können auch in einem Formularvertrag getroffen werden. So kann nach der Rechtsprechung des BGH vereinbart werden, dass der Mieter bei einem Mangel nicht zur Kürzung der Miete berechtigt ist; dem Mieter muss allerdings die Möglichkeit verbleiben, eine überzahlte Miete nach § 812 BGB zurückzufordern (BGH, Urteil v. 27.1.1993, XII ZR 141/91, NJW-RR 1993 S. 519).
Der vollständige Ausschluss der Rechte aus § 536 BGB ist dagegen nicht möglich, weil das Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zu den tragenden Grundgedanken des Schuldrechts zählt. Die vertragliche Aufhebung dieses Äquivalenzprinzips ist deshalb als unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB zu bewerten (BGH, Urteil v. 12.3.2008, XII ZR 147/05, NJW 2008 S. 2254; Urteil v. 23.4.2008, XII ZR 62/06, NJW 2008 S. 2497).
Dies führt zu der Frage, ob sich das Recht zur Rückforderung einer überzahlten Miete aus der Klausel ergeben muss. Das wird vom Senat verneint.
2 Aufrechnungsverbot ist wirksam
Der VII. Zivilsenat des BGH hat eine Klausel in einem Architektenvertrag mit dem Wortlaut "Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig" für unwirksam erachtet. Dies führt zu der Frage, ob für Aufrechnungsverbote in Pacht- oder Mietverträgen dieselbe Rechtsfolge gilt.
Dies wird vom Gericht verneint: Der Aufrechnungsausschluss in einem Werkvertrag bewirke, dass der Auftraggeber des Architekten rechtlos gestellt wird, weil er das Honorar auch dann in voller Höhe zahlen muss, wenn die Werkleistung mangelhaft ist. Beim Pacht- oder Mietvertrag sei der Pächter oder Mieter dagegen nicht auf die Aufrechnung angewiesen, weil er bei einer mangelhaften Sache den Anspruch aus § 812 BGB geltend machen kann.
Mehrdeutige Klauseln auslegen
Ist eine Vertragsklausel unklar, gilt die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB. Danach sind mehrdeutige Klauseln nach der kundenfeindlichsten Variante auszulegen.
Unwirksame Ausschlussklauseln
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH die Klausel "Der Mieter kann gegenüber den Ansprüchen der Vermieterin auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten kein Minderungsrecht wegen Mängeln der Mietsache geltend machen, es sei denn, die Vermieterin hat die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten" für unwirksam erachtet (BGH, Urteil v. 12.3.2008, XII ZR 147/05, NJW 2008 S. 2254).
Gleiches gilt für eine Klausel, wonach "eine Minderung der Miete ... ausgeschlossen (ist), wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der Nachbarschaft usw.), die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird" (BGH, Urteil v. 23.4.2008, XII ZR 62/06, NJW 2008 S. 2497; ebenso KG Berlin, Urteil v. 12.11.2007, 8 U 194/06, NJW-Special 2008 S. 97).
Mietrückforderung muss möglich sein
Im Hinblick auf diese Rechtsprechung ist es ratsam, wenn ein formularvertraglicher Minderungs- oder Aufrechnungsausschluss so formuliert wird, dass sich aus dem Wortlaut der Klausel das Recht des Mieters zur Rückforderung der überzahlten Miete ergibt.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Urteil v. 22.3.2012, 2 U 127/11