Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§§ 633ff. BGB, § 13 Nr. 6 VOB/B, § 21 WEG
Kommentar
Ein einzelner Wohnungseigentümer kann gegenüber dem Bauträgerverkäufer Minderungsansprüche wegen Schallmängeln am Gemeinschaftseigentum - anteilig - auch ohne ermächtigenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen, wenn die Ansprüche der übrigen Eigentümer verjährt sind. Wegen Schallschutzmängeln hat jeder Ersterwerber ein und denselben, zunächst grundsätzlich auf Nachbesserung gerichteten, werkvertraglichen Gewährleistungsanspruch aus seinem Erwerbsvertrag. Diesen Nachbesserungsanspruch in Bezug auf die ganze Sache kann jeder Eigentümer (Ersterwerber) auch allein, d. h. ohne Mitwirkung der übrigen Mitglieder der Gemeinschaft und ohne deren Ermächtigung gegen den Verkäufer aus eigenem Recht durchsetzen. Gleiches gilt für Ansprüche nach § 633 Abs. 3 BGB.
Minderungs- und Schadenersatzansprüche (vgl. §§ 634, 635 BGB) liegen allerdings grundsätzlich nach BGH-Rechtsprechung bei der Erwerber- bzw. Eigentümergemeinschaft, die über die Geltendmachung zu beschließen hat (insbesondere aus Schuldnerschutzgründen).
Im vorliegenden Fall sei jedoch der Erwerber mit allein noch unverjährten Ansprüchen zur Erwerbspreisminderung ohne entsprechende Beschlussfassung der Gemeinschaft berechtigt (soweit behauptete Schallschutzmängel auch tatsächlich zumindest in gewissem Umfang vorliegen). Nachdem die Klägerseite zwischenzeitlich (1989) die 1985 erworbene Wohnung verkauft und übereignet hatte, sei jedoch eine Mängelbeseitigung nicht mehr zumutbar, da diese bereits den Erwerbern als Rechtsnachfolgern der Wohnung zugute käme, obgleich diese die Wohnung in dem Zustand, in dem sie sich - schallmängelbehaftet - befand und befindet, käuflich übernommen und dabei vereinbarungsgemäß Gewährleistungsansprüche der Kläger nicht miterworben hatten.
Minderung gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B kann allerdings auch in den Fällen verlangt werden, in denen der anspruchsberechtigte Ersterwerber einer Wohnung diese zwischenzeitlich zu einem die Mängel berücksichtigenden Preis unter Zurückbehaltung der Gewährleistungsansprüche veräußert hat. Für die Minderungshöhe sei entscheidend, welche Arbeiten notwendig gewesen wären, um die Wohnung zum Punkt der Schalldämmung mangelfrei auszuführen und welcher Kostenaufwand (im Zeitpunkt der Abnahme der Wohnung durch die Kläger) dafür konkret notwendig gewesen wäre. Von dieser noch zu klärenden Summe des Gesamtaufwands könnten die Kläger sodann einen ihrem (früheren) Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum entsprechenden Teilbetrag minderungsweise vom Beklagten beanspruchen, mehr dagegen wohl nicht.
Der objektive mangelbedingte Minderwert eines Bauwerks schlägt sich - sofern nicht im Einzelfall die durch den Mangel gegebene Verkehrswertbeeinträchtigung der Immobilie ausnahmsweise geringer ist - regelmäßig in den nötigen Mängelbeseitigungskosten nieder, mit denen bei Mängel am Gemeinschaftseigentum (im Fall ihrer Behebung) jeder Mit- bzw. Wohnungseigentümer seinem Anteil gemäß zu belasten wäre. Vorliegend sei im Übrigen für den Schallschutz nicht mehr die DIN-Norm 4109 des (zurückgezogenen) DIN-Entwurfs 1979 maßgebend, sondern diesbezüglich wohl die DIN 4109, Stand September 1962.
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 06.12.1990, 3 U 270/89= NJW-RR 1991, 665)
zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel
Anmerkung:
Einzelheiten zur Problematik der Aktivlegitimation bei Baumängeln am Gemeinschaftseigentum finden sich unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung in ETW Gruppe 6, Abschnitt 8. Die Geltendmachung anteiliger Minderungsrechte bei sog. "Ausstrahlungsmängeln" allein auf einzelnes Sondereigentum durch den beeinträchtigten Sondereigentümer hat auch der BGH in seiner Ausnahmeentscheidung vom 15. 2. 1990 ( BGH, Entscheidung v. 15. 2. 1990, Az.: VII ZR 269/88) bestätigt und insoweit die gemeinschaftliche Bindung dieser sekundären Gewährleistungsansprüche nach früherer Rechtsprechung gelockert. Aus diesem Grund wird man auch diese Entscheidung des OLG Frankfurt zur Aktivlegitimation vertreten können, wohl auch zur anteiligen Minderungsberechtigung auf der Basis etwaiger Mangelbeseitigungskosten bzw. Werten einer Verkehrswertbeeinträchtigung.
Allerdings könnte m. E. auch eine Gemeinschaft einen einzigen Eigentümer durch Beschluss ermächtigen, Gewährleistungsansprüche auf der Grundlage des betreffenden Erwerbsvertrags mit noch unverjährten Ansprüchen mit Leistung für und gegen die Gemeinschaft geltend zu machen, d. h. primär auf Nachbesserung, sekundär bei Unzumutbarkeit oder objektiver Unmöglichkeit auch auf Minderung oder Schadenersatz. Gemeinschaftseigentum kann auch im Mangelbereich nicht geteilt werden; ebenso bestehen bei sekundären Gewährleistungsansprüchen bzgl. des Gemeinschaftseigentums Bindungen unter den Miteigentümern, wie dies der BGH früher stets zur Minderung und zum kleinen Schadenersatzanspruch bestätigt hat. Fraglich ist an der Entscheidung auch, ob in diesem Fall tatsächlich auf die DIN-Norm 4109, S...