Leitsatz
Die Tätigkeit als Grundstücksmakler oder Vermittler von Finanzdienstleistungen ist mit dem Anwaltsberuf grundsätzlich unvereinbar.
Sachverhalt
Der Antragsteller ist als Rechtsanwalt zugelassen und alleiniger Geschäftsführer der K-GmbH, die Komplementärin der K-Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH & Co. KG ist. Die GmbH hat die Erlaubnis gemäß § 34c GewO, gewerbsmäßig den Abschluss von Verträgen insbesondere über Grundstücke und Darlehen zu vermitteln oder die Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge nachzuweisen. Der Antragsteller unterhält seine Kanzlei unter der Adresse, an der die GmbH und die KG ihren Sitz haben, und ist ganz überwiegend als Makler tätig. Die Anwaltskammer widerrief die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, weil er als Immobilien- und Finanzmakler einen Beruf ausübe, der mit dem eines Rechtsanwalts unvereinbar sei. Rechtsmittel gegen diesen Bescheid blieben erfolglos.
Entscheidung
Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit umfasst auch das Recht, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben. Indes ist die Berufsfreiheit in § 14 Abs. 2 BRAO gesetzlich eingeschränkt, um die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege aufrechtzuerhalten.
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft darf versagt oder widerrufen werden, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. Eine kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Tätigkeit kann den Ausschluss vom Beruf des Rechtsanwalts dann rechtfertigen, wenn sich die Gefahr einer Interessenkollision deutlich abzeichnet. Die Unabhängigkeit und Integrität eines Rechtsanwalts sowie dessen maßgebliche Orientierung am Recht und an den objektiven Interessen seiner Mandanten sollen durch die erwerbswirtschaftliche Prägung eines Zweitberufs nicht gefährdet werden. Interessenkollisionen, die das Vertrauen in die anwaltliche Unabhängigkeit gefährden, liegen nicht schon dann vor, wenn das Wissen aus der einen Tätigkeit für die jeweils andere von Vorteil ist. Für die gesetzlich begründete Berufswahlbeschränkung ist vielmehr darauf abzustellen, ob die zweitberufliche Tätigkeit des Berufsangehörigen aus der Sicht des Mandanten die Wahrscheinlichkeit von Pflichten- und Interessenkollisionen nahe legt.
Praxishinweis
Die Rechtsprechung hat eine mögliche Interessenkollision z.B. dann bejaht, wenn ein Rechtsanwalt zweitberuflich als Versicherungsmakler tätig ist. Denn der Berufsangehörige muss bei der Wahrnehmung der Mandate vielfach Risiken abwägen, die versichert werden könnten. Es besteht nach Meinung des BGH deshalb die Gefahr, dass ein Rechtsanwalt im eigenen Courtage-Interesse dem Mandanten empfiehlt, bestehende Versicherungsverträge zu kündigen und von ihm vermittelte "bessere" Verträge abzuschließen. Gleiche Überlegungen gelten für den Vermittler von Finanzdienstleistungen und den Grundstücksmakler.
Link zur Entscheidung
BGH-Beschluss vom 13.10.2003, AnwZ (B) 79/02