Leitsatz
Mittäter kann auch derjenige sein, der nicht schon von Anfang an in den Tatplan einbezogen worden ist.
Sachverhalt
Nach den Feststellungen des LG war die als Steuerberaterin tätige Angeklagte in ein aus mehreren Unternehmen bestehendes Umsatzsteuerhinterziehungssystem eingebunden. Ab 1995 beriet sie die betreffenden Untenehmen zumindest teilweise steuerrechtlich, erledigte die Buchhaltung und erstellte die Jahresabschlüsse sowie die Steuererklärungen. Sie gründete als Vertreterin eines Luxemburger Unternehmens zusammen mit einem anderweitig verfolgten Partner eine weitere GmbH, über deren Geschäftskonto sie (mit)zeichnungsberechtigt war und die sie ebenfalls steuerrechtlich beriet. Auch hier war sie für die Verbuchung der Ein- und Ausgangsrechnungen zuständig. Darüber hinaus hatte die Angeklagte Einblick in die Bewegungen auf den Geschäftskonten. In die geplanten und durchgeführten Steuerhinterziehungen war sie frühzeitig, wenn auch nicht von Anfang an eingeweiht; ihre steuerrechtlichen Kenntnisse halfen bei der Planung und Durchführung der Taten. Bei einer Umsatzsteuersonderprüfung, die in der Kanzlei der Angeklagten stattfand, versuchte sie das Tatgeschehen durch unrichtige Auskünfte zu den beteiligten Unternehmen zu verschleiern. Zudem erstellte und unterschrieb sie die inhaltlich unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen. Sie hatte ein starkes wirtschaftliches Interesse am Taterfolg, weil sie mindestens 25 % ihres Umsatzes aus Honoraren der betroffenen Unternehmen bestritt. Das LG hatte die Angeklagte lediglich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Der BGH stufte sie aber als Mittäterin ein.
Entscheidung
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein. In Grenzfällen hat der Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen gewissen Beurteilungsspielraum. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre.
Ein solcher Grenzfall lag nach Auffassung des Senats angesichts der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen aber nicht vor. Mittäterschaft kommt nicht nur aufgrund eines gemeinsamen Tatplans oder -entschlusses, dem eine ausdrückliche und zeitgleiche Absprache der Beteiligten zu Grunde liegt, in Frage. Es genügt vielmehr, dass die Angeklagte nicht von Anfang an, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, allerdings schon weit vor den eigentlichen Tathandlungen, in den Tatplan einbezogen wurde.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 30.6.2005, 5 StR 12/05