Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Umwandlung von (Büro-) Teileigentum in Wohnungseigentum (oder umgekehrt) bedarf grds. der Mitwirkung aller Eigentümer und der Eintragung ins Grundbuch
Die Mitwirkung von Sondernachfolgern kann nach Gemeinschaftsordnungs-Vereinbarung ausgeschlossen sein
Zur Änderungsvollmacht in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und in den Kaufvertragsurkunden
Normenkette
§ 5 Abs. 4 WEG, § 10 Abs. 1 und 2 WEG, § 873 BGB, § 877 BGB
Kommentar
1. In der Gemeinschaftsordnung war u.a. vereinbart:
"Der Bauträger ist berechtigt, gebildete Eigentumswohnungen in gewerbliche Einheiten (Teileigentum) umzuwandeln und umgekehrt. Diese Nutzungsänderung kann jedoch nur bis zur Erstveräußerung der entsprechenden Einheit vom Bauträger vorgenommen werden. Der Bauträger wird in den Kaufverträgen bezüglich der Eigentumswohnungen bzw. Teileigentumseinheiten bevollmächtigt werden, durch Änderung der Teilungserklärung Wohnungseigentumseinheiten in Teileigentumseinheiten umzuwandeln und ggf. auch mehrere Einheiten zu einer Einheit zusammenzufassen."
In den folgenden Erstverkaufs-Urkunden wurden folgende, gleichlautende Klauseln vermerkt:
"Der Käufer bevollmächtigt hiermit über seinen Tod hinaus den Verkäufer ...zur Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass der Verkäufer berechtigt ist, im Rahmen der Bestimmungen nach § 1 Abs. 4 der der Teilungserklärung beigefügten Gemeinschaftsordnung Wohnungseigentumseinheiten in Teileigentumseinheiten umzuwandeln und ggf. auch mehrere Einheiten zu einer Einheit zusammenzufassen; ...Der Käufer hat von der für die Wohnanlage bestehenden Gemeinschaftsordnung Kenntnis und tritt in alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten ein ..."
2. Die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt stellt grundsätzlich eine Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer im Sinne der §§ 873, 877 BGB dar. Sie erfordert materiell deren Zustimmung und grundbuchrechtlich deren Bewilligung sowie die Eintragung im Grundbuch (h.M.). Das Erfordernis der Mitwirkung kann aber auch durch eine Regelung in der Teilungserklärung, die spätere Wohnungs- und Teileigentümer als Sondernachfolger von der Mitwirkung ausschließt, abbedungen werden; dann bedarf es der Mitwirkung der übrigen Eigentümer sowie etwaiger sonstiger dinglich Berechtigter nicht. Ist die Vereinbarung im Grundbuch eingetragen, wird sie nach § 5 Abs. 4 WEG zum Inhalt des Sondereigentums aller Wohnungseigentümer und wirkt auch gegen Sonderrechtsnachfolger der Wohnungs- und Teileigentümer ( § 10 Abs. 2 WEG; BGHZ 91, 343/345 und BayObLGZ 1989, 28/30).
3. Es kann dahinstehen, ob bereits aus der Gemeinschaftsordnungs-Vereinbarung der Schluss abzuleiten ist, dass die zukünftigen Eigentümer für die Umwandlung ihre Mitwirkung vorweggenommen und damit das Erfordernis einer Vereinbarung abbedungen haben. Die individualvertraglich in den Kaufverträgen erteilte Vollmacht deckt jedenfalls auch den Fall der Umwandlung gewerblicher Einheiten in Wohnungseigentumseinheiten ab. Der Senat kann die Vollmacht wie die Gemeinschaftsordnung selbständig auslegen. Die kaufvertragliche Vollmacht entspricht ihrem Wortlaut nach der Formulierung in der Gemeinschaftsordnung, der seinerseits unmittelbar an die voranstehende Berechtigung anknüpft und über die Umwandlung hinaus auch den Fall der Änderung der Teilungserklärung erfasst. Dass die in der Gemeinschaftsordnung angekündigte Vollmacht hinsichtlich der Umwandlung einen engeren Rahmen als die Berechtigung aufweisen sollte, ergäbe keinen nachvollziehbaren Sinn. Denn ersichtlich will die Klausel dem Bauträger bis zur Veräußerung der betreffenden Eigentumseinheiten die notwendige wirtschaftliche Bewilligungsfreiheit einräumen, in deren Vordergrund zwar die Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum stehen mag, der umgekehrte Fall der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum aber nicht ausgeschlossen sein soll. Dass Erwerber darüber hinaus auch materiell-rechtlich nach Gemeinschaftsordnung verpflichtet wären, einer vorweggenommenen Änderung der Teilungserklärung zuzustimmen, bedarf keiner weiteren Vertiefung.
4. Die vom Bauträger beantragte Umwandlung einer Büro-Teileigentumseinheit in Wohnungseigentum wurde deshalb zu Recht grundbuchrechtlich vollzogen, der beantragte Amtswiderspruch im Grundbuch in den Vorinstanzen auch zu Recht zurückgewiesen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 06.12.2000, 2Z BR 89/00)
Zu Gruppe 3