Nach den Grundregeln des Zivilprozesses, die auch für das Arbeitsgerichtsverfahren gelten, muss derjenige, der ein Recht oder einen Anspruch geltend macht, die Tatsachen darlegen und beweisen, die den Schluss auf die von ihm begehrte Rechtsfolge zulassen. Im Bereich der Belästigung wegen eines durch das AGG geschützten Merkmals enthält § 22 AGG eine Beweiserleichterung für den Diskriminierten.
Wegen Belästigungen aufgrund anderer, nicht vom AGG geschützter Merkmale gilt dies jedoch nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 AGG greift dieser ausschließlich, wenn eine Benachteiligung wegen eines der nach § 1 AGG besonders geschützten 8 Merkmale im Raum steht.
Nur dort, wo der Inhalt des AGG den Maßstab für die Bemessung von Ansprüchen darstellt, ist die Beweislastregelung anwendbar. Will ein Arbeitnehmer gerichtlich gegen Mobbing vorgehen, so trägt er nach ganz herrschender Meinung die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Mobbing begründenden Umstände und deren Ursächlichkeit für die geltend gemachte Rechtsverletzung (Beeinträchtigung der Gesundheit oder des Persönlichkeitsrechts). § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen. Bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung wegen Verletzung der Gesundheit oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss der Arbeitnehmer auch das Verschulden des Mobbers beweisen; bei vertraglichen Ansprüchen z. B. wegen Verletzung der Fürsorgepflicht kommt ihm die Beweiserleichterung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zugute, nach welcher der Schädiger beweisen muss, dass er für die begangene Pflichtverletzung nicht verantwortlich ist. Dem entspricht die Beweiserleichterung im Bereich des materiellen Schadensersatzes in § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG.
Die grundsätzlich dem betroffenen Arbeitnehmer obliegende Beweislast ist der Hauptgrund dafür, dass in der Praxis viele Klagen scheitern. Erforderlich ist, dass der klagende Arbeitnehmer die Mobbinghandlungen, denen er am Arbeitsplatz ausgesetzt war, so bestimmt darlegt, dass der beklagte Arbeitgeber zu diesem Vortrag konkret Stellung nehmen und ggf. Gegenbeweismittel anbieten kann. Jede einzelne Mobbinghandlung muss unter Angabe von Zeitpunkt und Verursacher genau geschildert werden. Deshalb wird betroffenen Arbeitnehmern häufig empfohlen, ein sog. "Mobbingtagebuch" zu führen, in dem die Mobbinghandlungen, denen der Betroffene am Arbeitsplatz ausgesetzt ist, chronologisch dokumentiert werden.
Da es keine mobbingtypischen medizinischen Befunde gibt, kann das Vorliegen von Mobbing nicht schon dadurch nachgewiesen werden, dass der Betroffene im Prozess ein ärztliches Attest oder Gutachten vorlegt, das zu dem Ergebnis kommt, die Erkrankung des Arbeitnehmers sei durch Mobbing am Arbeitsplatz verursacht worden. Mit einem derartigen Attest oder Gutachten kann der Mobbingbetroffene lediglich die Kausalität zwischen einem feststehenden Mobbingtatbestand und der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung beweisen, d. h. den Nachweis dafür erbringen, dass die bescheinigte Gesundheitsbeeinträchtigung ursächlich auf die konkret dargelegten und erwiesenen Mobbinghandlungen zurückzuführen ist.
Fälle aus der Rechtsprechung
- Bleibt spekulativ, ob die gesundheitlichen Probleme der Arbeitnehmerin auf die von ihr behaupteten Mobbinghandlungen durch die Arbeitgeberin zurückzuführen sind, geht dies zulasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Arbeitnehmerin.
- Ein Anspruch auf eine immaterielle Entschädigung wegen einer Gesundheitsbeschädigung aufgrund "Mobbings" setzt voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer konkret darlegt, wann welcher Arzt welche Erkrankung bei ihm diagnostiziert haben will. Allein der Umstand, dass sich der Kläger in ärztlicher Behandlung befindet, ist insofern nicht ausreichend.
- Es gibt keinen Rechts- oder Erfahrungssatz, dass eine Abmahnung, Kündigung, Weisung aufgrund des Direktionsrechts oder sonstige einseitigen Maßnahmen eines Arbeitgebers stets adäquat-kausal zu einer physischen oder psychischen Gesundheitsbeschädigung führen. Daher verneint auch das Bundesarbeitsgericht die Annahme etwaiger Beweiserleichterungen zugunsten von Arbeitnehmern, weil es keine unwiderlegbare Vermutung für die Kausalität zwischen "mobbing-typischem" medizinischem Befund und den behaupteten Mobbinghandlungen gibt, denn mit der Annahme einer solchen "Konnexität" würden Vermutungsfolgen und Voraussetzungen des Vermutungstatbestands unzulässig vermengt.
- Als wesentliche Schwierigkeit bei der rechtlichen Beurteilung von Mobbing-Handlungen erweist sich vor allem, ob sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen vorgetragenen Lebenssachverhalten und Verhaltensweisen und einer eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigung, im Fall der Klägerin einer psychischen Erkrankung, herstellen lässt. An den Sachvortrag auf Klägerseite dürfen insoweit keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Gegebenenfalls ist es ...