Leitsatz
Die Mieterhöhung wegen einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Vermieter die Modernisierungsmaßnahme nicht gemäß § 554 Abs. 3 BGB angekündigt hat.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 559 Abs. 1, 559b Abs. 2 Satz 2
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine im 2. Stock eines Wohnhauses gelegene Wohnung. Der Vermieter hat mit Schreiben vom 7.9.2007 angekündigt, dass er das Gebäude mit einem Aufzug ausrüsten wolle. Die Mieterin hat der geplanten Modernisierung widersprochen. Daraufhin hat der Vermieter die Modernisierungsankündigung mit Schreiben vom 13.2.2008 zurückgezogen. Der Einbau des Aufzugs wurde gleichwohl durchgeführt und im September 2008 abgeschlossen.
In der Folgezeit hat der Kläger gem. § 559 BGB eine Mieterhöhung von ca. 120 EUR pro Monat verlangt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob eine Modernisierungsmieterhöhung auch dann möglich ist, wenn die Modernisierungsmaßnahme zuvor nicht gem. § 554 Abs. 3 BGB angekündigt wurde.
Nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB muss der Vermieter den Mieter über eine geplante Modernisierungsmaßnahme 3 Monate vor deren Beginn informieren. Zu den Modernisierungsmaßnahmen in diesem Sinne zählen u.a. solche Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Wohnung objektiv erhöhen. Hierzu gehört auch der Einbau eines Aufzugs. Diese Maßnahme hat zur Folge, dass die Wohnung bequemer zu erreichen ist. Dies gilt auch dann, wenn die jeweiligen Aus- und Einstiegsmöglichkeiten – wie im Entscheidungsfall – nicht auf der Höhe der betreffenden Wohnung liegen, sodass der Mieter weitere Treppenstufen überwinden muss, um zu seiner Wohnung zu gelangen.
Hat der Vermieter die Modernisierungsmaßnahme durchgeführt, so kann er die jährliche Miete um 11 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen (§ 559 Abs. 1 BGB). Der Mieter schuldet die erhöhte Miete mit Beginn des 3. Monats nach Zugang der Mieterhöhungserklärung (§ 559b Abs. 2 Satz 1 BGB). Ergänzend hierzu ist in § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt, dass sich diese Frist um 6 Monate verlängert, "wenn der Vermieter dem Mieter die zu erwartende Erhöhung der Miete nicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB mitgeteilt hat, oder wenn die tatsächliche Mieterhöhung mehr als 10 % höher ist als die mitgeteilte".
Die Auslegung dieser Vorschrift ist umstritten.
- Nach einer Ansicht ist § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB nur dann anwendbar, wenn die Modernisierungsankündigung hinsichtlich der Angaben über die zu erwartende Mieterhöhung unvollständig oder fehlerhaft ist. In diesem Fall soll der Mieter durch die zeitliche Verschiebung der Fälligkeit der Mieterhöhung in die Lage versetzt werden, auf die unerwartet hohe Mietbelastung zu reagieren. Hat der Vermieter dagegen – wie hier – die Modernisierung ohne Ankündigung vorgenommen, so scheidet eine Mieterhöhung nach § 559 BGB aus (Börstinghaus, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 559b BGB Rdn. 49, 50).
- Nach anderer Meinung ist zu differenzieren: Hat der Mieter ausdrücklich oder konkludent einer nicht angekündigten Modernisierung widersprochen, so ist eine gleichwohl durchgeführte Maßnahme rechtswidrig, eine Mieterhöhung kommt aus diesem Grund nicht in Betracht. Hat der Mieter die Modernisierung aber geduldet oder widerspruchslos hingenommen, so soll der Widerspruch gegen die Mieterhöhung treuwidrig und damit unbeachtlich sein (Emmerich, in Staudinger (2011), § 559b BGB Rdn. 24, 25; Artz, in MünchKomm, § 559b BGB Rdn. 11).
- Schließlich wird die Ansicht vertreten, dass das Recht des Vermieters zur Mieterhöhung auch dann besteht, wenn die Modernisierung nicht angekündigt wurde (Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, Rdn. IV 391).
Der BGH folgt der letztgenannten Ansicht: Durch die Mitteilungspflicht soll der Mieter in die Lage versetzt werden, sich auf die Modernisierungsmaßnahme vorzubereiten oder sich dieser durch Ausübung des Sonderkündigungsrechts zu entziehen. Darin erschöpft sich der Zweck der Regelung.
In dem vorliegenden Fall wurde die Maßnahme nicht in der Wohnung des Mieters, sondern im Außenbereich durchgeführt. Will der Mieter eine solche Maßnahme nicht dulden, so muss er den Vermieter auf Unterlassung in Anspruch nehmen. In diesem Verfahren wird geprüft, ob der Mieter zur Duldung der Maßnahme verpflichtet ist.
- Hat der Vermieter die Modernisierung nicht angekündigt, muss der Mieter die Feststellung beantragen, dass die Maßnahme zurzeit nicht durchgeführt werden darf. Bei Zuwiderhandlungen ist der gerichtliche Titel durch Verhängung eines Ordnungsgeldes zu vollstrecken. Eine gleichwohl durchgeführte Maßnahme hindert die Mieterhöhung nicht.
Will der Mieter die Maßnahme aus materiellrechtlichen Gründen nicht dulden, so muss der Grund der Duldungsverweigerung im Antrag genannt werden. Dies ist deshalb erforderlich, weil die gerichtliche Entscheidung je nach Sachlage mit einem unterschiedlichen Tenor ergeht.
- Ist der Mieter z.B. der Ansicht, dass er die Maßnahme wegen der damit verbundenen Mieterhöhung nicht dulden muss, so ...