Leitsatz
Der vom Vermieter beabsichtigte Anschluss einer Wohnanlage an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz im Empfangsbereich des terrestrischen Digitalfernsehens (DVB-T) – hier: in Berlin – stellt in der Regel eine Verbesserung der Mietsache (Modernisierung) im Sinne von § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB dar.
Normenkette
BGB § 554
Kommentar
Ein in Berlin befindliches Wohngebäude war in der Vergangenheit mit einer Gemeinschaftsantenne zum Empfang von Fernsehprogrammen ausgestattet. Im Herbst 2002 hatte die Telekom das sog. "terrestrische Digitalfernsehen" (DVB-T) eingeführt und in diesem Zusammenhang die Möglichkeit zum analogen Empfang von Fernsehprogrammen eingestellt. Der Vermieter installierte zur vorübergehenden Sicherung des Fernsehprogramms eine Satellitenanlage, mit der fünf Fernsehprogramme zu empfangen waren. Der Vermieter beabsichtigt, das Gebäude an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz anzuschließen, mit dem 34 analoge Fernsehprogramme, 30 Hörfunkprogramme, 60 digitale in- und ausländische Fernsehprogramme und interaktive Dienste (Pay-per-View, Internet) genutzt werden können. Die hierfür entstehenden Kosten hat der Vermieter mit 9,24 EUR pro Monat beziffert. Die Mieterin hat die Duldung verweigert: Der Fernsehempfang sei in gleicher Qualität, jedoch preiswerter mit Hilfe einer Set-Top-Box möglich. Die Instanzgerichte haben den Standpunkt der Mieterin geteilt und die Duldungsklage abgewiesen.
Der BGH hat das Urteil aufgehoben. Er hat nach folgenden Grundsätzen entschieden:
1. Nach § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Mieter eine Maßnahme zur Verbesserung der Mietsache grundsätzlich zu dulden. Der Begriff der Verbesserung ist objektiv zu bestimmen. Es kommt nicht darauf an, ob die Maßnahme von dem konkreten Mieter als Verbesserung gewertet wird. Maßgeblich ist vielmehr die Verkehrsanschauung. Danach ist eine Verbesserung anzunehmen, wenn die Wohnung nach Durchführung der Maßnahme leichter zu vermieten ist als eine vergleichbare Wohnung ohne die Maßnahme. Der Vermieter muss dies nicht beweisen. Es genügt, wenn der Anschein für eine bessere Vermietbarkeit spricht.
2. Der Vermieter ist nicht darauf beschränkt, die Ausstattung der Wohnung auf einen durchschnittlichen Standard anzuheben. Der Mieter muss auch Maßnahmen zur Herstellung eines überdurchschnittlichen Standards dulden. Lediglich besonders aufwändige Maßnahmen (sog. "Luxusmodernisierung") sind von der Duldungspflicht ausgenommen.
3. In diesem Rahmen ist festzustellen, welche Vorteile die beabsichtigte Maßnahme gegenüber dem vorhandenen Zustand oder der Alternativmaßnahme bietet.
4. Unter dem Begriff der "Mietsache" im Sinne von § 554 Abs. 2 BGB ist nicht die Wohnung, sondern das Gebäude zu verstehen. Deshalb muss der Mieter nicht nur Maßnahmen dulden, die für den Anschluss seiner Wohnung erforderlich sind. Durchbrüche für den Anschluss anderer Wohnungen muss der Mieter ebenfalls dulden.
5. Im Einzelfall kann die Duldungspflicht entfallen, wenn die Maßnahme für den Mieter eine besondere Härte darstellt (§ 554 Abs. 2 Satz 2 BGB). Beim Anschluss einer Wohnung an das Breitbandkabelnetz ist dies im Regelfall zu verneinen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 253/04