A. Internationales Erbrecht
Rz. 1
Im Verhältnis zu Moldawien ist der Deutsch-Sowjetische Konsularvertrag vom 25.4.1958, für den Deutschland mit der Republik Moldawien zunächst die Weitergeltung vereinbart hat, aufgrund Kündigung durch die Bundesrepublik Deutschland vom 2.9.2019 am 1.9.2020 außer Kraft getreten. Es gilt daher nur dann, wenn der Erbfall vor dem 1.9.2020 eingetreten ist, für die Vererbung von im anderen Abkommenstaat belegener Immobilien des Angehörigen eines der beiden Abkommenstaaten das Recht des Belegenheitsstaates. Für alle seit dem 1.9.2020 eingetretenen Erbfälle gilt aus deutscher Sicht uneingeschränkt die Verweisung aus Art. 20 ff. EuErbVO.
Rz. 2
Gemäß Art. 1622 Abs. 1 des moldawischen Zivilgesetzbuches vom 6.6.2002 (ZGB) unterliegen die erbrechtlichen Verhältnisse bezüglich des beweglichen Nachlasses dem Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Das unbewegliche Vermögen unterliegt dem jeweiligen Belegenheitsrecht. Dabei entscheidet das Belegenheitsrecht auch über die Qualifikation als beweglich oder unbeweglich (Art. 1601 Abs. 1 ZGB). Es besteht also die Möglichkeit einer Nachlassspaltung. Bei Mehrstaatern können sich Probleme daraus ergeben, dass gem. Art. 1587 Abs. 2 ZGB zwar grundsätzlich die Zugehörigkeit zu dem Staat entscheidet, mit dem die engeren Verbindungen bestehen. Bei Mehrstaatern, die auch die moldawische Staatsangehörigkeit besitzen, wird aber ausschließlich an die moldawische Staatsangehörigkeit angeknüpft; die ausländische bleibt unberücksichtigt. Rück- und Weiterverweisungen durch das ausländische Internationale Privatrecht werden nicht beachtet (Art. 1583 ZGB).
Rz. 3
Art. 1623 Abs. 1 ZGB lässt eine erbrechtliche Rechtswahl durch den Erblasser in testamentarischer Form zu. Diese Rechtswahl soll alle Aspekte der Erbfolge umfassen (Art. 1623 Abs. 1 S. 2 ZGB). Die Rechtswahl berührt jedoch nicht die "zwingenden Vorschriften" des gesetzlich bestimmten Erbstatuts. Der Umfang der "zwingenden Vorschriften" ist dabei unklar. Insbesondere bleibt u.E. offen, ob mit diesen zwingenden Regeln außer dem Pflichtteilsrecht noch weitere Teile des Erbrechts erfasst werden und ob dieser Vorbehalt außer dem moldawischen Erbrecht auch Vorschriften des ausländischen Erbrechts erfasst. Praktische Bedeutung kommt der Rechtswahl damit nicht zu.
Rz. 4
Für die Formwirksamkeit des Testaments enthält Art. 1623 Abs. 2 ZGB eine dem Haager Testamentsformabkommen entsprechende alternative Anknüpfung. So genügt es beispielsweise für die Formwirksamkeit, wenn das Testament den Bestimmungen des Heimatrechts, des Wohnsitzrechts oder des Errichtungsortes entsprechend errichtet worden ist. Unter die Frage der Form wird dabei nach der Rechtsprechung und Lehre auch die Frage subsumiert, ob ein Testament in Deutschland von Eheleuten gemeinschaftlich errichtet werden kann.
B. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 5
Die Erbfolge ist im Vierten Buch des Zivilgesetzbuches vom 6.6.2002 in den Art. 1432–1575 geregelt. Dort macht sich das moldawische Erbrecht weitgehend – wenn auch nicht vollständig – von den Einflüssen des sowjetischen Rechts frei. So ist z.B. das Erbrecht erheblich detaillierter geregelt als bisher. Die testamentarische Erbfolge wird vor der gesetzlichen Erbfolge geregelt, wodurch der Vorrang der Privatautonomie betont wird.
Rz. 6
Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge, der Ehegatte und die Eltern des Erblassers zu gleichen Teilen (Art. 1500 Abs. 1 lit. a ZGB). Eheliche, nichteheliche und angenommene Kinder erben zu gleichen Teilen. Es gelten die Grundsätze der Repräsentation und der Erbfolge nach Stämmen (Art. 1504 ZGB).
Rz. 7
Der überlebende Ehegatte schließt als echter Erbe erster Ordnung alle Verwandten weiterer Ordnungen von der Erbfolge aus. Zu seinem gesetzlichen Erbteil tritt die güterrechtliche Beteiligung am ehelichen Gesamtgut im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Das Ehegattenerbrecht entfällt nicht erst bei Scheidung der Ehe. Es entfällt ebenfalls, wenn das Gericht feststellt, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits mindestens drei Jahre lang zerrüttet war und die Eheleute deshalb getrennt gelebt haben (Art. 1502 ZGB).
Rz. 8
In zweiter Ordnung erben gem. Art. 1500 Abs. 1 lit. b ZGB die "privilegierten" Seitenverwandten, also die Geschwister des Erblassers sowie die Großeltern und weitere Verwandte der aufsteigenden Linie nebeneinander und zu gleichen Teilen. Dabei schließen die gradnäheren Aszendenten sämtliche gradferneren Aszendenten aus, und zwar unabhängig von der Linie (Art. 1500 Abs. 2 ZGB). Die Nichten und Neffen treten in die Position ihres vor...