A. Vorbemerkung
Rz. 1
Die Republik Montenegro hat sich nach Referendum vom 21.5.2006 durch Unabhängigkeitserklärung vom 3.6.2006 aus dem Staatenbund Serbien-Montenegro gelöst. Damit war der erst 2003 gebildete Staatenbund aufgelöst und die Republik Montenegro – wie auch die Republik Serbien – hatten die völkerrechtliche Souveränität erlangt.
Rz. 2
Als teilweiser Rechtsnachfolger der vormaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und der hieraus hervorgegangenen Bundesrepublik Jugoslawien sowie des Staatenbundes Serbien-Montenegro ist die Republik Montenegro auch an die internationalen Verträge und Übereinkommen gebunden, die von diesen Staaten, aus denen sie hervorgegangen ist, abgeschlossen worden sind. Das gilt insbesondere für die beiden auf dem Gebiet des Internationalen Erbrechts geltenden zivilrechtlichen Übereinkommen (siehe Rdn 6). Nachdem das Erbrecht in der damaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in den siebziger Jahren aus der Bundeszuständigkeit in die Gesetzgebungszuständigkeit der Republiken überführt worden war, hatte die Republik Montenegro schon am 29.12.1975 ein eigenes Gesetz über die Beerbung erlassen. Dieses Gesetz ist durch das Erbschaftsgesetz vom 5.11.2008 ersetzt worden (montErbG).
B. Internationales Erbrecht
Rz. 3
Zunächst galt in Montenegro das jugoslawische "Bundesgesetz zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten für bestimmte Verhältnisse" (IPRG) vom 15.6.1982 fort. Das Internationale Privatrecht ist aber seit dem 17.7.2014 durch Gesetz vom 23.12.2013 (IPRG) neu geregelt worden. Dieses Gesetz lehnt sich auf dem Bereich des internationalen Erbrechts an den Vorschlag für die EuErbVO aus dem Jahr 2009 an. Art. 71 IPRG unterstellt die Erbfolge dem Recht des Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Rückverweisung eines ausländischen Aufenthaltsrechts auf das montenegrinische Recht wird gem. Art. 4 IPRG beachtet. Nach einer Rückverweisung auf das Recht von Montenegro ist unmittelbar das montenegrinische materielle Erbrecht anzuwenden.
Rz. 4
Für die materielle Wirksamkeit, die Wirkungen und die Auslegung einer Verfügung von Todes wegen gilt gem. Art. 74 IPRG das Recht, das in dem Zeitpunkt seiner Errichtung auf die Erbfolge anwendbar gewesen wäre, wobei es für die Wirksamkeit auch genügt, dass das Testament nach dem (effektiven) Erbstatut zum Zeitpunkt des Todes wirksam wäre. Das montenegrinische Erbrecht lässt also quasi eine Heilung durch Statutenwechsel zu.
Rz. 5
Der Erblasser kann das auf die Erbfolge anwendbare Recht wählen. So kann er für die Erbfolge seines gesamten Nachlasses das Recht des Staates wählen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder das Recht des Staates, in dem er zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für unbeweglichen Nachlass kann er das Erbrecht des Staates wählen, in dem dieser Nachlassteil belegen ist (Art. 72 IPRG). Die Parteien eines gemeinschaftlichen Testaments oder eines Erbvertrages können auch das Bestehen, die materielle Gültigkeit, die Wirkungen und die Auslegung der Verfügung dem Recht unterstellen, das einer von ihnen gem. Art. 72 IPRG wählen kann.
Rz. 6
Für die Formwirksamkeit von Testamenten gilt das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961. Dessen Regeln sind in Art. 73 IPRG inkorporiert worden. Des Weiteren gilt das Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973. Dessen Regeln sind in Art. 74 ff. montErbG eingefügt worden.
C. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 7
Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Es gelten die Regeln über die Repräsentation und die Erbfolge nach Stämmen (Art. 11 montErbG). Eheliche, nichteheliche und adoptierte Abkömmlinge erben gleichberechtigt (Art. 10 montErbG).
Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers. Bei Vorversterben eines Elternteils treten dessen Abkömmlinge ein. Ist ein Elternteil kinderlos verstorben, so erbt der andere Elternteil bzw. dessen Abkömmlinge (Art. 13 f. montErbG).
Erben dritter Ordnung sind die Großeltern, wobei beide Linien je zur Hälfte des Nachlasses berufen sind. Bei Vorversterben eines Teils von ihnen erben jeweils dessen Abkömmlinge (Art. 17 montErbG). Sind nur noch in einer Linie Großeltern bzw. Abkömmlinge von Großeltern vorhanden, so erben diese allein.
In vierter Ordnung erben die Urgroßeltern des Erblassers, Art. 20 ErbG. Hier tritt keine Repräsentation ein. Ein vorverstorbener Urgroßelternteil wird also von seinem Ehegatten, ersatzweise vom anderen Urgroßelternteil derselben Linie, hilfsweise den Urgroßeltern der anderen Linie ersetzt. Über die vie...