Kurzbeschreibung

Muster aus: av.1591 Anwaltformulare Verkehrsrecht, Tietgens-Nugel, 8. Aufl. 2020 (Deutscher Anwaltverlag)

Muster 29.2: Absehen vom Fahrverbot, Existenzbedrohung

Von der Verhängung eines Fahrverbots gem. § 44 StGB bitte ich Abstand zu nehmen.

Dem Tatrichter steht bei der Verhängung eines Fahrverbots gem. § 44 StGB grundsätzlich ein Ermessen zu, sofern es nicht um einen der in § 44 Abs. 1 S. 2 StGB genannten Fälle geht. Meinem Mandanten wird indes unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vorgeworfen. Dies bedeutet auch, dass die Verhängung des Fahrverbots in den nicht explizit genannten Fällen besonders vom Tatrichter begründet werden muss. Eine allgemeine Regel, dass immer dann, wenn von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wurde, ein Fahrverbot anzuordnen ist, existiert nicht (BayObLG zfs 1980, 221).

Die Begründungspflicht hat auch zur Konsequenz, dass dargelegt werden muss, warum entsprechend des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit keine weniger einschneidenden Maßnahmen gleich oder sogar besser geeignet sind als die Anordnung des Fahrverbots. In Betracht kommt etwa die Erhöhung der Geldstrafe oder ein eingeschränktes Fahrverbot (hierzu BGHSt 24, 348; OLG Köln zfs 1992, 67).

Zu berücksichtigen ist, dass mein Mandant in einem kleinen Dorf ohne jede vernünftige Verkehrsanbindung wohnt, alleine arbeitet, sich keinen Fahrer leisten kann und Vater eines kleinen Kindes ist, weshalb auch die Ehefrau meinen Mandanten nicht während seines Fahrverbots zu den Arbeitsstellen fahren kann. Das Fahrverbot würde sich existenzvernichtend auswirken. Dies geht über die mit einem Fahrverbot üblicherweise verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile hinaus (vgl. auch LG Amberg 2006, 289).

Nachdem mein Mandant nach schwierigem Anfang nunmehr im dritten Jahr seiner sogenannten Ich-AG sich einen festen Kundenstamm und als Sachverständiger auch die feste Zusammenarbeit mit einem Sachversicherer erworben hat, würden diese Geschäftsbeziehungen existenziell gefährdet sein, wenn er über einen Zeitraum von drei Monaten nicht mehr in der Lage wäre, seine Kunden aufzusuchen.

Höchstvorsorglich rege ich daher an, im Falle der Anordnung eines Fahrverbots bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen, nämlich Personenkraftwagen, vom Fahrverbot auszunehmen, weil nur auf diese Weise die drohende Existenzvernichtung meines Mandanten abgewendet werden kann (vgl. LG Cottbus DAR 2007, 716).

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