Kurzbeschreibung

Muster aus: zerb.1129 Anwaltformulare Vorsorgevollmachten, Horn, 2. Aufl. 2022 (zerb verlag)

Muster 3.1: Formular: Allgemeine Informationen für Ihre Entscheidung zu einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung

1. Die populärsten Irrtümer darüber, was Ehegatten/Lebenspartner und Kinder für einen tun dürfen

Falsch ist:

Irrtum Nr. 1: Mein Ehe-/Lebenspartner ist vom Gesetz automatisch bevollmächtigt und darf im Einzelfall für mich entscheiden.
Irrtum Nr. 2: Wenn ich selbst und mein Ehe-/Lebenspartner nicht mehr entscheiden können, können auch meine Kinder für mich entscheiden.

Richtig ist:

Für jede Entscheidung, die Sie nicht selbst treffen können oder wollen, brauchen Sie einen Vertreter.
Ihr Ehe-/Lebenspartner oder Ihre Kinder/Familie sind nicht automatisch Ihre Vertreter. Ein Ehegattenvertretungsrecht gibt es nur ausnahmsweise, unter engen Voraussetzungen für Gesundheitsangelegenheiten und nur für kurze Zeit!
Für jede rechtsgeschäftliche Entscheidung müssen Sie geschäftsfähig sein. Für eine ärztliche Behandlung oder deren Ablehnung müssen Sie wenigstens einwilligungsfähig sein.

2. Welche rechtlich zulässigen Möglichkeiten des Handelns für einen Volljährigen gibt es?

Das Handeln aufgrund einer wirksamen Betreuung.
Das Handeln aufgrund einer wirksam erteilten Vollmacht, §§ 164 ff. BGB durch einen geeigneten Bevollmächtigten
Ausnahmsweise auch: das zeitlich befristete und auf einzelne Gesundheitsangelegenheiten beschränkte gesetzliche Ehegattenvertretungsrecht.

3. Was ist Betreuung (§§ 1814 ff. BGB)?

Betreuung ist nicht im wörtlichen Sinne als fürsorgend zu verstehen, sondern als rechtliche Unterstützung und Vertretung. Ein rechtlicher Betreuer wird vom Betreuungsgericht dann angeordnet, wenn Sie Ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen können, dies auf einer Krankheit oder Behinderung beruht und Sie keine (wirksame) Vollmacht erteilt haben, durch die Ihre Angelegenheiten gleichermaßen wie bei einer Betreuung besorgt werden können.
Ein Betreuer darf nur für den Aufgabenkreis (bestehend aus einem oder mehreren Aufgabenbereichen) bestellt werden, für den eine rechtliche Wahrnehmung durch einen Betreuer wirklich erforderlich ist.
Das Gericht führt die Aufsicht über den Betreuer, § 1862 BGB. Der Betreuer muss – anders als der Vorsorgebevollmächtigte – gegenüber dem Gericht jährlich berichten (Jahresbericht) und hat Rechnungslegungspflichten (§ 1865 BGB).

4. Alternative: Vorsorgevollmacht

Die Vorsorgevollmacht gibt einem ausgewählten Menschen das Recht zu Ihrer Vertretung ("Unterschrift") in den Angelegenheiten, die Sie bestimmen.
Durch Erteilung einer Vorsorgevollmacht (§ 164 BGB) an eine oder mehrere Vertrauenspersonen soll für den Fall der eigenen künftigen Handlungs- oder Entscheidungsunfähigkeit so vorgesorgt werden, dass sich eine spätere Bestellung eines amtlichen Betreuers erübrigt oder auf Teilbereiche beschränkt.

5. Gründe für eine Vorsorgevollmacht

Man hat eine Person, der man uneingeschränkt vertraut und die bereit ist, für einen zu handeln.
Man will keine gerichtliche Einmischung, z.B. durch Bestellung eines Betreuers, den man gar nicht kennt und ggf. bezahlen muss (Betreuervergütung).
Man will die Vertrauensperson, die das Handeln für einen übernehmen würde, nicht der gerichtlichen Überwachung aussetzen.

6. Vorsorgevollmacht: Die "Was-wäre-wenn-Frage" beantworten

Wie wird sich Ihre Lebenssituation in der Zukunft – in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht – voraussichtlich entwickeln?
Was ist, wenn Sie auf die Hilfe anderer angewiesen sind? Wie und wo wollen und können Sie dann leben?
Wer käme jetzt im Moment für Sie in Betracht, der für Sie handelt und entscheidet?
Zu wem haben Sie wirklich 100 % Vertrauen? Wer wird sicher Ihren Willen beachten und durchsetzen?

7. Die entscheidenden "W-Fragen" zur Vorsorgevollmacht

Welche konkreten Angelegenheiten?
Soll wer?
Unter welchen Voraussetzungen/in welchen Situationen?
Kontrolliert durch wen?
Ab wann?
Wie lange regeln?
Wer kommt als Ersatz in Betracht?

8. Wie macht man eine Vorsorgevollmacht? – Anforderung an den Inhalt

Vollmachten, die gegenüber außenstehenden Dritten an Bedingungen geknüpft sind, sind unbrauchbar. (Also nicht: "Für den Fall, dass ich einmal nicht selbst entscheiden kann, erteile ich A Vollmacht in folgenden Angelegenheiten _____; sondern "Ich erteile Vollmacht an _____") Der Außenstehende kann den Eintritt von Bedingungen nicht rechtssicher selbst überprüfen."
Die Formulierung: "ist bevollmächtigt, mich in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten" reicht nicht aus. Detailregelungen sind insbesondere in gesundheitlichen Angelegenheiten erforderlich.

Beispiele für Detailregelungen:

Der Bevollmächtigte soll die Befugnis haben, in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder in einen ärztlichen Eingriff einzuwilligen, wenn hierbei Lebensgefahr für Sie droht oder ein schwerer länger andauernder Gesundheitsschaden (z.B. auch über die Anwendung neuer noch nicht zugelassener Medikamente u...

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