Kurzbeschreibung
Muster aus: zap.0025 Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Detlef Burhoff, 7. Aufl. 2024 (Deutscher Anwaltverlag)
Muster A.5: Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG u.a. bei Verweigerung der Überlassung digitaler Messdateien
An die
Zentrale Bußgeldstelle
im Polizeiverwaltungsamt
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dortiges Az.: _________________________
In der Bußgeldsache
gegen Gschwind, Peter
wegen angeblicher Verkehrsordnungswidrigkeit vom 29.8.2023
Tatort: BAB-Anschlussstelle "Blaues Band" Fahrtrichtung Hansaförde, Abschnitt 120, km 0,65
Sehr geehrte Damen und Herren,
namens und im Auftrag des Betroffenen beantrage ich hiermit unter Vorlage einer mich legitimierenden Vollmacht gegen den dortigen Bescheid vom 2.10.2023
gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG.
Begründung:
I.
Gegen den Betroffenen ist unter dem o.g. Aktenzeichen bei der Zentralen Bußgeldstelle im Polizeiverwaltungsamt ein Bußgeldverfahren anhängig. Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, am 29.8.2023 um 19.57 Uhr als Führer des Pkw Fiat, amtl. Kennzeichen: BRA-1234U, die außerhalb geschlossener Ortschaften zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h abzüglich einer Messtoleranz von 4 km/h um (noch) 41 km/h überschritten zu haben.
Tatort der mit dem Messgerät _________________________, Geräte-Nr. _________________________, Softwareversion _________________________ des Herstellers _________________________ festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung soll die Messstelle in Höhe des Fährhafens, rund 350 m von der BAB-Anschlussstelle "Blaues Band" (Fahrtrichtung Hansaförde, Abschnitt 120, km 0,65) gewesen sein.
Der Betroffene, dem gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.3.7 der Tab. 1c zum BKat die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots droht, hat sich bislang nicht zum Tatvorwurf eingelassen. Eine etwaige Stellungnahme für den Betroffenen, gegebenenfalls auch zur Frage der Fahrereigenschaft, wird frühestens nach erfolgter vollständiger Akteneinsicht durch den Unterzeichner erfolgen.
II.
Nach Zugang des Anhörungsbogens vom 8.9.2023 an den Betroffenen am 11.9.2023 beantragte der Unterzeichner unter Vollmachtsvorlage mit Schreiben vom 22.9.2023, ihm vor einer etwaigen Stellungnahme des Betroffenen zum Tatvorwurf umfassend Akteneinsicht zu gewähren. Zugleich wurde mit dem Gesuch ausdrücklich beantragt, der Verteidigung Einsicht in
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sämtliche etwaige vorliegende Registerauskünfte des Betroffenen (FAER/BZR), |
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das Messprotokoll nebst Beschilderungsplan, |
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die Gerätestammkarte (sog. "Lebensakte") des verwendeten Messgeräts bzw. die gem. § 31 Abs. 4 MessEG aufzubewahrenden Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen und sonstige Eingriffe am Messgerät, |
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den Eichschein und etwaige Konformitätserklärungen des verwendeten Messgeräts, |
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die Ausbildungs- und Schulungsnachweise der verantwortlichen Messbeamten, |
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die (digitale) Messdatei einschließlich der entschlüsselten Rohmessdaten, |
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die gesamte (digitale) Messreihe der verfahrensgegenständlichen Messung, |
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die Bedienungsanleitung des verwendeten Messgeräts sowie |
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das gesamte gesammelte Beweismaterial, einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen mitsamt etwaiger (bewegter) digitaler oder analoger Videoaufzeichnungen und der Messbildreihe, die in dem gegen den Betroffenen geführten Bußgeldverfahren angefallen sind, |
durch Übersendung bzw. Überlassung aller genannten Unterlagen und Beweismaterialien sowie gegebenenfalls Bereitstellung etwaiger benötigter Entschlüsselungs-Software in die Kanzleiräume der Verteidigung unabhängig davon zu gewähren, ob die genannten Unterlagen oder Materialien nach dortiger Auffassung als Bestandteile der dort geführten Akten gelten oder nicht.
Insbesondere mit Blick auf die digitalen Messdateien wurde von der Verteidigung vorsorglich darauf hingewiesen, dass der auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren bestehende Anspruch auf ein faires Verfahren aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1, Abs. 3a & b EMRK eine Begrenzung der beantragten Einsichts- und Überlassungsrechte etwa aufgrund eines rein "formell" verstandenen Aktenbegriffs (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 Abs. 1 StPO) verbietet, zumal der Verteidigung ansonsten von vorne herein jede Möglichkeit genommen wäre, die verfahrensgegenständliche Messung – etwa unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe – nachzuprüfen, weshalb es auch nicht darauf ankommen kann, ob die von der Verteidigung erbetenen Beweismaterialien gegebenenfalls der StA oder im weiteren Verfahren gemäß § 69 Abs. 4 S. 2 OWiG dem Gericht vorgelegt werden sollen oder nicht. Aus dem gleichen Grunde darf die Verteidigung nicht auf ein praktisch wertloses "Besichtigungsrecht" am (behördlichen) Verwahrungsort (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 Abs. 1 2. Alt. StPO) verwiesen werden.
III.
Mit beim Unterzeichner am 7.10.2023 eingegangenem dortigem Schreiben vom 2.10.2023 wurde unter Beifügung der angeforderten Bußgeldakte formularmäßig mitgeteilt, dass nach den die Behörde bindenden Richtlinien des zuständigen Innenressorts eine Einsichtnahme in die Stammakte (sog. Lebensakte), den Eichschein, die Schulungsnachwei...