Kurzbeschreibung
Muster aus: zap.0025 Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Detlef Burhoff, 7. Aufl. 2024 (Deutscher Anwaltverlag)
Muster E.5: Anregung auf Verfahrenseinstellung gemäß § 47 Abs. 2 durch das AG außerhalb der Hauptverhandlung
An das
Amtsgericht Träublreuth
– Abteilung für Bußgeldsachen –
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In der Bußgeldsache
gegen Gschwind, Peter
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
Az.: 14 OWi 12356/23
wird hiermit im Vorfeld des für den 15.5.2023 anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung angeregt, das Verfahren gegen den Betroffenen außerhalb der Hauptverhandlung im Beschlusswege
gemäß § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.
Begründung:
Der verheiratete und bislang ausweislich der bei den Akten befindlichen aktuellen FAER-Auskunft straßenverkehrsrechtlich nicht einschlägig in Erscheinung getretene Betroffene (Jahrgang 1959) ist seit 15 Jahren angestellter Taxifahrer in München. Ihm liegt zur Last, am10.6.2022 gegen 20.22 Uhr unmittelbar nach Beendigung eines Fahrauftrags zum Flughafen München und nach Wiederanfahrt im Schritttempo aus dem vor Terminal 1 gelegenen Taxistand in Richtung BAB A 92 in Erfüllung seiner Beförderungsverpflichtung sein modernes "Taxifunkgerät" bedient zu haben, womit der Betroffene nach Auffassung der Zentralen Bußgeldstelle im Polizeiverwaltungsamt vorsätzlich den Tatbestand der unerlaubten Nutzung eines elektronischen Geräts gemäß §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO erfüllt haben soll.
Diese Rechtsauffassung ist nach Ansicht der Verteidigung unabhängig von der Frage der tatsächlichen Nachweisbarkeit des über Gebühr langen Blicks auf das Gerät unzutreffend, was im Falle einer Hauptverhandlung unter rechtzeitigem Beweisantritt, u.a. durch einen Antrag auf Gutachtenerstellung und Einvernahme eines Sachverständigen für Informationstechnologie und Mobilfunk und – wegen der konkreten Tatörtlichkeit – durch einen gerichtlichen Augenschein vor Ort unter Beweis gestellt werden wird.
Hier soll zunächst nur auf folgende Besonderheiten hingewiesen werden, die – unabhängig von der gegebenenfalls notwendigen verbindlichen Klärung in der Rechtsbeschwerdeinstanz – für die hier angeregte gerichtliche Opportunitätsentscheidung relevant erscheinen:
Obwohl der frühere Taxifunk nach einhelliger Auffassung nicht unter das frühere "Handyverbot" zu subsumieren war, aber gleichwohl das dem Schutzzweck der Norm des § 23 Abs. 1a StVO zugrunde liegende Gefährdungspotential (Ablenkung des Fahrers) aufwies, stellte das auf die Nutzung einer Funkkommunikation zur Taxizentrale zwingend angewiesene Gewerbe auf eine innovatives System um, das nunmehr automatisiert dem Fahrgast eine schnellstmögliche Bereitstellung des verlangten Taxis dadurch ermöglicht, dass über einen Zentralrechner und ein GPS-gestütztes Vermittlungsgerät das dem Kundenstandort nächststehende Taxi ausgewählt und zum Kunden dirigiert wird.
Es versteht sich von selbst, dass der Taxifahrer dann in der Lage sein muss, den über das Mobilfunknetz übermittelten Auftrag wenigstens anzunehmen oder abzulehnen, was durch spezielle Endgeräte realisiert wird, die freilich nur äußerlich einem gewöhnlichen Smartphone gleichen. Denn das mit einer SIM-Karte ausgestattete Gerät ermöglicht dem Taxifahrer nur, die ihm per SMS vom Callcenter mitgeteilte Zieladresse des potentiellen Kunden abzulesen und dann den Auftrag durch einen einfachen Tastendruck entweder zu bestätigen oder abzulehnen. Die Besonderheit besteht nun darin, dass ein Vermittlungsgespräch nicht nur entfällt, sondern durch eine eingebaute Sperre technisch ausgeschlossen ist, dass der Taxifahrer das Endgerät aktiv entweder für Sprechverkehr oder für die Übersendung von SMS nutzen kann.
Die Subsumtion dieses – hier in der gebotenen Kürze dargelegten – Sachverhalts unter § 23 Abs. 1a StVO erscheint aus naheliegenden Gründen fragwürdig, könnte aber bei einer Verfahrenseinstellung aus Sicht des Betroffenen auch dahinstehen.
Der Betroffene hat die ihm juristisch unverständliche Problematik nach Beratung durch den Unterzeichner nunmehr so weit nachvollzogen, dass er zukünftig und bis zu einer etwaigen Klärung der Rechtsfrage durch den Verordnungsgeber oder die obergerichtliche Rechtsprechung die Bedienung des für seine Berufsausübung unverzichtbaren Geräts auch in dem eingeschränkten Umfang nur noch bei ausgeschaltetem Motor vornehmen wird. Nach alledem ist nicht zu befürchten, dass von einer Einstellung des Verfahrens eine "falsche Botschaft" ausgehen könnte. Da die Zentrale Bußgeldstelle hiervon leider ausweislich des Bußgeldbescheids vom 19.7.2022 nicht zu überzeugen war, bleibt jetzt die Hoffnung des Betroffenen, dass das Gericht der hier angeregten Sachbehandlung nach § 47 Abs. 2 OWiG nähertreten kann.
Ich bitte darum, eine etwaige Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vor einer gerichtlichen Entscheidung dem Unterfertigten zu übermitteln.
Rechtsanwalt