2.1 Die Länderregelungen im Überblick
Mit Ausnahme von Bayern, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern regeln alle Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer den nachbarrechtlichen Interessenausgleich in den Fällen, in denen durch ein Bauvorhaben auf dem einen Grundstück die Funktionsfähigkeit von Schornsteinen und Lüftungsleitungen eines niedrigeren Gebäudes auf dem angrenzenden Grundstück beeinträchtigt wird. Anhand der folgenden Übersicht können Sie sich einen ersten Überblick verschaffen.
Checkliste LandesrechtBundesland |
Regelung ja/nein |
Fundstelle im NRG/NbG |
Baden-Württemberg |
ja |
§ 7 d |
Bayern |
nein |
|
Berlin |
ja |
§ 19 |
Brandenburg |
ja |
§ 25 |
Bremen |
nein |
|
Hamburg |
nein |
|
Hessen |
ja |
§§ 36, 37 |
Mecklenburg-Vorpommern |
nein |
|
Niedersachsen |
ja |
§ 49 |
Nordrhein-Westfalen |
ja |
§ 26 |
Rheinland-Pfalz |
ja |
§§ 17–20 |
Saarland |
ja |
§§ 21–23 |
Sachsen |
ja |
§ 26 |
Sachsen-Anhalt |
ja |
§ 21 |
Schleswig-Holstein |
ja |
§§ 20, 21 |
Thüringen |
ja |
§§ 17–20 |
Aufgepasst!
In den Bundesländern ohne nachbarrechtliche Regelung (also in Bayern, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern) müssen Sie sich mit Ihrem Nachbarn vertraglich einigen, wenn Sie zum Höherführen von Schornsteinen oder Lüftungsleitungen, z.B. zum Verankern, das höher gebaute Gebäude benutzen wollen, um die durch den Höherbau beeinträchtigte Funktionsfähigkeit dieser technischen Anlagen wieder herzustellen. Ohne Zahlung einer jährlichen Geldrente wird das Ihr Nachbar sicher nicht zulassen. Aber auch dann, wenn Sie sich ausnahmsweise auf das Rechtsinstitut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses berufen können und im Streitfall ein obsiegendes Urteil erkämpfen, können Sie von Ihrem Nachbarn keinen Kostenersatz für Ihre Aufwendungen verlangen.
2.2 Zum Regelungsinhalt der Landesvorschriften
2.2.1 Das Nebeneinander von höherem und niedrigerem Gebäude
Höhendifferenz
Übereinstimmend fordern die einschlägigen Landesvorschriften zunächst, dass zwischen dem erhöhten und dem dadurch benachteiligten Gebäude eine Höhendifferenz bestehen muss, die sich nachteilig auf die Zug- und Saugwirkung von Schornsteinen und Lüftungsleitungen des niedrigeren Gebäudes auswirkt. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Höhendifferenz aus dem größeren Baukörper des höher gebauten Gebäudes folgt oder sich daraus ergibt, dass das höher gebaute Gebäude das angrenzende Gebäude nur wegen eines unterschiedlichen Bodenniveaus (etwa bei Hanglage) überragt.
Grenzbebauung
Hinzu kommen muss, dass die Gebäude aneinander angrenzen, also an einer gemeinsamen Grundstücksgrenze liegen. Denn je weiter sie voneinander entfernt sind, desto weniger kann schon aus physikalischen Gründen das höhere Gebäude die Zug- und Saugwirkung der Schornsteine und Lüftungsleitungen des niedrigeren Gebäudes negativ beeinflussen und umso weniger kann das höhere Gebäude aus technischen Gründen zum Höherführen dieser Anlagen genutzt werden.
Bauzeit
Dabei machen die Landesvorschriften keinen Unterschied dahingehend, ob das störende höhere Gebäude als erstes oder erst nachträglich errichtet wurde.
2.2.2 Die Notwendigkeit der Höherführung von Schornsteinen und Lüftungsleitungen
Beeinträchtigung der Betriebsfähigkeit
Das grenznahe Nebeneinander von höherem und niedrigerem Gebäude muss zur Folge haben, dass die ansonsten vorhandene Betriebsfähigkeit der Schornsteine und Lüftungsleitungen des niedrigeren Gebäudes infolge dieser Höhendifferenz beeinträchtigt ist und diese technischen Anlagen zur Wiederherstellung ihrer Funktionsfähigkeit höher geführt werden müssen. Die Notwendigkeit einer solchen Erhöhung wird sich im Allgemeinen aus einer Anordnung des Bezirksschornsteinfegers oder aus der Feststellung eines Lüftungssachverständigen ergeben.
Eine Verpflichtung zur Höherführung eines Schornsteins kann aber auch aus einer immissionsschutzrechtlichen Anordnung zum Schutz des höher bauenden Nachbarn vor Rauchbelästigungen folgen.
Duldungspflicht
Das Höherführen von freistehenden Schornsteinen oder Lüftungsleitungen auf dem niedrigeren Gebäude kann aber nicht nur sehr teuer kommen, sondern auch statische Probleme aufwerfen und schließlich gegen die Grundsätze der Baugestaltung verstoßen. Deshalb legen die einschlägigen Landesvorschriften dem höher bauenden Nachbarn eine Duldungspflicht dahingehend auf, dass die Schornsteine und Lüftungsleitungen des niedrigeren Gebäudes an der Außenwand seines Gebäudes befestigt werden dürfen. Wie dies im Einzelnen zu geschehen hat, richtet sich nach den technischen Erfordernissen. In der Regel wird ein direkter Anbau an das höhere Gebäude in Betracht kommen. Möglich ist aber auch eine Verbindung von freistehend hoch geführten Schornsteinen oder Lüftungsleitungen durch Verstrebungen, die in der Wand des höheren Gebäudes verankert werden.
2.2.3 Die Unterhaltung und Reinigung der höher geführten Anlagen
Nutzung des höheren Gebäudes
Die Unterhaltung und Reinigung der unter Nutzung des Nachbargebäudes höher geführten Schornsteine...