3.1 Die Länderregelungen im Überblick
Im Gegensatz zur Rechtslage bei Schornsteinen und Lüftungsleitungen hat nur ein geringer Teil der Bundesländer den nachbarrechtlichen Interessenausgleich bei der Störung des Fernseh- und Rundfunkempfangs als Folge des Höherbaues eines Nachbargebäudes geregelt.
Wie unterschiedlich die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung hier bewertet wird, zeigt etwa die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs für ein Nachbarrechtsgesetz des Landes Brandenburg. Dort wird ausgeführt, dass keine Notwendigkeit bestehe, für Antennenanlagen eine Duldungspflicht des höher bauenden Nachbarn gesetzlich festzulegen, weil sich inzwischen alle Fernseh- und Rundfunkprogramme der Satellitenübertragung bedienen würden. Anders dagegen der Regierungsentwurf von Thüringen, der die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ausdrücklich für zweckdienlich erachtet.
Anhand der folgenden Übersicht können Sie sich einen ersten Überblick verschaffen.
Checkliste LandesrechtBundesland |
Regelung ja/nein |
Fundstelle im NRG/NbG |
Baden-Württemberg |
nein |
|
Bayern |
nein |
|
Berlin |
ja |
§ 19 |
Brandenburg |
nein |
|
Bremen |
nein |
|
Hamburg |
nein |
|
Hessen |
nein |
|
Mecklenburg-Vorpommern |
nein |
|
Niedersachsen |
nein |
|
Nordrhein-Westfalen |
ja |
§ 26 |
Rheinland-Pfalz |
ja |
§§ 17–20 |
Saarland |
ja |
§§ 21–23 |
Sachsen |
ja |
§ 26 |
Sachsen-Anhalt |
ja |
§ 21 |
Schleswig-Holstein |
ja |
§§ 20, 21 |
Thüringen |
ja |
§§ 17–20 |
Aufgepasst!
In den Bundesländern ohne nachbarrechtliche Regelung müssen Sie sich mit Ihrem Nachbarn einigen, wenn als Folge des höher gebauten Nachbargebäudes Ihr Fernseh- und Rundfunkempfang gestört wird und Sie Ihre Antennenanlage zur Wiederherstellung deren Funktionsfähigkeit am Nachbargebäude höher führen oder einen Anschluss an die Antennenanlage des höheren Gebäudes herstellen wollen. Wenn sich Ihr Nachbar weigert, können Sie sich unter Umständen auf das Rechtsinstitut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses berufen.
3.2 Zum Regelungsinhalt der Landesvorschriften
3.2.1 Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Duldungsanspruch
Unter den gleichen gesetzlichen Voraussetzungen und in dem gleichen gesetzlichen Umfang, wie beim Duldungsanspruch auf Mitbenutzung des höheren Gebäudes zur Befestigung von Schornsteinen und Lüftungsleitungen (vgl. oben Nr. 2.2.1 bis 2.2.3), besteht auch ein Duldungsanspruch des Eigentümers und – je nach Landesrecht (vgl. oben Nr. 2.3) – auch des Nutzungsberechtigten des niedrigeren Gebäudes, das höhere Gebäude zum Hochführen seiner Antennenanlage zu benutzen, soweit dies zum ungestörten Empfang von Sendungen notwendig ist. Dabei spielt es aus rechtlicher Sicht keine Rolle, ob der Sendeempfang infolge der Abschattung oder der Reflexion durch das höhere Gebäude gestört wird.
Das ist für Sie wichtig!
Der gesetzliche Anspruch gilt sowohl für Rundfunk- als auch für Fernsehantennen, jedoch nach dem übereinstimmenden Wortlaut der Landesvorschriften nur insoweit, als sie dem Empfang von Sendungen dienen. Sendeantennen jeder Art sind deshalb ausgeschlossen und dürfen ohne Einwilligung des Berechtigten nicht am höheren Gebäude befestigt werden.
3.2.2 Der Verweis auf die Mitbenutzung der Antennenanlagedes höheren Gebäudes
Der in Anspruch genommene Eigentümer des höheren Gebäudes kann das Hochführen und Befestigen von Antennen und von technischen Einrichtungen zu deren Reparatur und Wartung an seinem Gebäude dadurch verhindern, dass er dem Eigentümer und Erbbauberechtigten (so in Berlin und Sachsen) bzw. dem Eigentümer und Erbbauberechtigten sowie dem dinglich und obligatorisch Nutzungsberechtigten des niedrigeren Nachbargebäudes (so in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) gestattet, seine Antennenanlage mitzubenutzen. Die gesetzlichen Fundstellen dieser Mitbenutzungsregelung können Sie der folgenden Übersicht entnehmen.
Checkliste MitbenutzungBundesland |
Fundstelle im NRG/NbG |
Berlin |
§ 19 Abs. 3 |
Nordrhein-Westfalen |
§ 26 Abs. 4 |
Rheinland-Pfalz |
§ 17 Abs. 3 |
Saarland |
§ 21 Abs. 3 |
Sachsen |
§ 26 Abs. 3 |
Sachsen-Anhalt |
§ 21 Abs. 3 |
Schleswig-Holstein |
§ 20 Abs. 3 |
Thüringen |
§ 17 Abs. 3 |
Aufgepasst!
Voraussetzung für den Hinweis auf die Mitbenutzung der Antennenanlage des höheren Gebäudes ist allerdings, dass diese hierfür geeignet ist, d.h. dass nach einem Anschluss des niedrigeren Gebäudes an diese Anlage ein einwandfreier Empfang von Sendungen möglich ist. Muss die Anlage des höheren Gebäudes erst technisch nachgerüstet werden (etwa durch den Einbau eines Verstärkers), um einen einwandfreien Empfang sicherzustellen, hat dies der Eigentümer des höheren Gebäudes zu veranlassen und auch die Kosten hierfür zu übernehmen.
3.3 Zur Geltendmachung des Duldungsanspruchs
Anspruchsberechtigter
Der Anspruch, die Befestigung der hoch geführten Antennenanlage des niedrigeren Gebäudes und der zu ihrer Reparatur und Wartung notwendigen Einrichtungen zu dulden, steht dem Eigentümer und Erbbauberechtigten des niedrigeren Gebäudes (so in Berlin, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen) bzw. dem Eigentümer und Erbbauberechtigten sowie dem dinglich und obligatorisch Nutzungsberechtigten zu (so in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein).
Anspruch bei Miteigentum
Steht das mit der Duldungspflicht belastete höher...