Leitsatz
Gegenstand dieser Entscheidung war die Abänderung eines zwischen den Parteien im Scheidungsverfahren geschlossenen Prozessvergleichs über den nachehelichen Unterhalt.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Ehescheidungsverfahren am 15.6.2004 einen Prozessvergleich über den nachehelichen Unterhalt geschlossen. Der Ehemann war leitender Oberarzt. Die Ehefrau hatte keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete nach einer Weiterbildung als Kulturmanagerin. Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleichs waren die beiderseitigen Nettoeinkünfte. Außerdem vereinbarten die Parteien eine Abänderungsmöglichkeit für den Fall, dass ihre Einkünfte sich um mehr als 10 % veränderten. Der Ehemann verpflichtete sich seinerzeit zur Zahlung monatlichen Aufstockungsunterhalts i.H.v. 1.500,00 EUR monatlich.
Der Ehemann begehrte die Abänderung des Unterhalts und berief sich außer auf die Verringerung seiner Einkünfte auch auf eine Befristung des Unterhalts. Die Parteien stritten darum, ob der Ehemann mit dem Befristungseinwand auszuschließen sei.
Das AG hat die Abänderungsklage des Ehemannes abgewiesen, weil sich die Verhältnisse seit dem Vergleichsabschluss insbesondere hinsichtlich der Befristung nicht geändert hätten. Auf die Berufung des Ehemannes hat das Berufungsgericht den Unterhalt bis einschließlich Dezember 2012 befristet. Mit der zugelassenen Revision erstrebte die Beklagte den Wegfall der Befristung.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Der BGH stellte zunächst fest, dass nach ständiger Rechtsprechung die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. (jetzt §§ 238, 239 FamFG) auf Vergleiche nicht anzuwenden sei. Allein der Umstand, dass sich die Sachlage seit Abschluss des Vergleichs nicht wesentlich verändert habe, stehe daher einer Abänderung des Vergleichs nicht ohne Weiteres entgegen. Sie richte sich allein nach materiell-rechtlichen Kriterien (BGH vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08, FamRZ 2010, 192 Rz. 13; BGHZ 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22, 24; BGH, Urt. v. 19.3.1997 - XII ZR 277/95, FamRZ 1997, 811, 813).
Sodann ging der BGH der Frage nach, was sich aus der Vereinbarung für die Möglichkeit einer späteren Befristung ableiten lasse. Nach ausführlicher Würdigung der zugrunde liegenden konkreten Umstände kam er zu dem Ergebnis, dass sich die Zulässigkeit der nachträglichen Geltendmachung des Befristungseinwands schon aus einer interessengerechten Auslegung der Vergleichsvereinbarung ergäbe, ohne dass es auf eine Störung der Geschäftsgrundlage i.S.d. § 13 BGB ankomme.
Dabei ging der BGH davon aus, dass die Vertragsparteien bei Fehlen einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung im Zweifel die spätere Befristung offen halten und nicht hätten ausschließen wollen. Anders als bei Tatsachen, die unmittelbar für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich seien, bestehe bei der Befristung die Besonderheit, dass ihre Voraussetzung - dass sich zukünftig die unbefristete Unterhaltsverpflichtung als unbillig darstelle - regelmäßig bei der erstmaligen Festlegung des nachehelichen Unterhalts noch nicht absehen lasse. Daher sei in der Regel kein Einverständnis des Verpflichteten mit dem Ausschluss des Befristungseinwands anzunehmen. Allerdings müsse der Vergleich für eine gewisse Mindestdauer eingehalten werden. Dabei sei nicht auf das Datum des Abänderungsverlangens, sondern auf den Befristungszeitpunkt abzustellen. Die von dem Kläger verfolgte Befristung ziele auf Ende des Jahres 2012 ab. Der Begrenzungszeitpunkt trete damit mehr als achteinhalb Jahre nach dem Vergleichsabschluss ein. Es komme daher nicht darauf an, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten sei.
Hinsichtlich der Unterhaltsbegrenzung kam der BGH zu dem Ergebnis, dass ehebedingte Nachteile aufseiten der Frau nicht entstanden seien, weil sie ohne Berufsausübung in die Ehe gegangen sei und ihre jetzige Tätigkeit schon bei Ehebeginn ausgeübt habe. Der Unterhalt könne gleichwohl nur bei Billigkeit begrenzt werden. Die unzureichende Altersversorgung stehe dem nicht entgegen, da die Ehefrau schon vor der Ehe keine angemessene Altersversorgung aufgebaut habe. Daher könne auch der Versorgungsausgleich nicht zur adäquaten Altersversorgung im Hinblick auf die Ehezeit von knapp elf Jahre führen. Bei der Übergangszeit trage deren Dauer letztendlich der Bedeutung des Regel-Ausnahmeverhältnisses von Unterhalt und Befristung Rechnung, da das OLG letztendlich auf § 36 EGZPO gestützt eine Übergangszeit von achteinhalb Jahren ab Scheidung festgelegt habe. § 36 EGZPO greife aber nicht ein, weil eine Unterhaltsbegrenzung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB auch schon nach altem Recht gemäß § 1573 Abs. 5 BGB zulässig gewesen sei.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung hat der BGH die Rechtslage bei Abänderungsklagen verändert. Aus der Entscheidung ergibt sich eine klage Prüfungsreihenfolge hinsichtlich der Zulässigkeit der nachträglichen Befristung von Unterhaltsvereinbarungen.
Prozessvergleiche, in de...