Leitsatz
Beim Tode eines zum nachehelichen Unterhalt verpflichteten Ehegatten geht dessen Unterhaltspflicht nach § 1586b Abs. 1 S. 1 BGB auf seine Erben über, die gegenüber dem Unterhaltsberechtigten nicht über den Betrag hinaus haften, der dem Berechtigten als Pflichtteil zugestanden hätte, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Die Haftung der Erben ist somit auf die Höhe des fiktiven Pflichtteilsanspruchs des unterhaltsberechtigten Ehegatten beschränkt. Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob bei der Haftung der Erben für die Unterhaltsverpflichtungen des Erblassers auch der Pflichtteilsergänzungsanspruch zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt
Die erste Ehefrau des am 25.12.1997 verstorbenen Erblassers nahm dessen Witwe auf Schadensersatz wegen der Vereitelung von Unterhaltsansprüchen in Anspruch. Außerdem machte sie einen Anspruch nach dem Anfechtungsgesetz sowie aus Vermögensübernahme gem. § 419 BGB a.F. geltend.
Aus der im Jahre 1981 geschiedenen Ehe der Klägerin mit dem Erblasser waren zwei Töchter hervorgegangen. Der Erblasser war rechtskräftig zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 2.500,00 DM verurteilt worden.
Die Beklagte - die Witwe des Erblassers - und der Erblasser setzten sich durch gemeinschaftliches Testament gegenseitig zu Alleinerben ein. Während ihrer Ehe erhielt die Beklagte von dem Erblasser unentgeltliche Zuwendungen, deren Höhe sie in ihrer späteren Erbschaftsteuererklärung mit 1.138.155,43 DM angab. Die Beklagte und die Töchter der Klägerin schlugen die Erbschaft aus. Die Töchter fochten die Ausschlagung später erfolgreich an. Der Unterhaltstitel der Klägerin wurde gegen deren Töchter umgeschrieben.
Im Zusammenhang mit einem sich anschließenden Rechtsstreit zwischen den Töchtern der Klägerin und der Beklagten zahlte diese an die Töchter zunächst 180.000,00 DM. Der Rechtsstreit wurde durch einen gerichtlichen Vergleich beigelegt, in dem sich die Beklagte zur Zahlung weiterer 179.000,00 DM an die Töchter verpflichtete.
Die Klägerin behauptete, der Erblasser habe im Laufe seiner zweiten Ehe auf die Beklagte Vermögenswerte von 2.661.060,33 DM transferiert. Aus diesem Grunde habe der Wert seines Nachlasses nur noch 338.184,24 DM betragen. Ihr Unterhaltsanspruch gegen den Erblasser hätte für die Zeit vor dessen Tod bis zum 1.1.2004 - unter Berücksichtigung der von ihr zwischenzeitlich bezogenen Altersrente - insgesamt 66.934,38 EUR betragen. Diesen Anspruch habe sie gegen ihre Töchter gem. § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB nur bis zur Höhe des fiktiven Pflichtteils geltend gemacht. Entsprechend habe sie von ihren Töchtern auch nur 1/8 von 172.910,86 EUR, somit 21.613,86 EUR, als Unterhalt erhalten. Die Differenz von 45.320,52 EUR schulde ihr die Beklagte.
Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, eine Schädigungs- bzw. Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Beklagten sei nicht dargetan. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung wurde vom OLG zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich ihre zugelassene Revision, mit der sie ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgte.
Entscheidung
Der BGH vertrat die Auffassung, die zum Unterhalt verpflichteten Erben könnten sich bei ihrer Haftung nach § 1586b Abs. 1 BGB nicht darauf berufen, dem - fiktiven - Pflichtteilsergänzungsanspruch des Unterhaltsberechtigten wegen eigener Pflichtteilsansprüche die Einrede des § 2328 BGB entgegenhalten zu können. Diese Einrede betreffe lediglich die Konkurrenz unter mehreren Pflichtteilsberechtigten. Auf das Verhältnis zwischen dem allein fiktiv pflichtteilsberechtigten Unterhaltsgläubiger als Nachlassgläubiger und dem pflichtteilsberechtigten Erben sei diese Vorschrift nicht anwendbar. Der Unterschied liege darin, dass sich der tatsächlich - und nicht nur fiktiv - Pflichtteilsberechtigte wegen der vom Erben aufgrund der Einrede des § 2328 BGB nicht zu befriedigenden Pflichtteilsergänzung gem. § 2329 BGB an den Beschenkten halten könne. Diese Möglichkeit bestehe für den unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten nicht.
Hinweis
Mit seiner Entscheidung stärkt der BGH den Schutz des nachehelichen Unterhalts vor den Nachlass mindernden Schenkungen und dessen Vorrang vor Pflichtteilsansprüchen Dritter. Auch wenn § 2328 BGB nicht eingreift, sollte der auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommene Erbe unabhängig von der durch § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB bewirkten Haftungsbegrenzung seine Haftung gegenüber jedem Nachlassgläubiger gem. §§ 1975 ff. BGB auf den Nachlass beschränken.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 18.07.2007, XII ZR 64/05