Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt, den die Klägerin nach der im Mai 1998 erfolgten Scheidung erstmals im Februar 2007 geltend machte. Sie war bereits zum Zeitpunkt der Scheidung im Jahre 1998 aufgrund der Folgen der im Jahre 1989 diagnostizierten Krebserkrankung erwerbsunfähig bzw. nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig.
Der Ehemann wandte ein, Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau seien verwirkt. Er habe sieben Jahre nach der Ehescheidung berechtigterweise darauf vertrauen können, mit Ehegattenunterhaltsansprüchen nicht mehr konfrontiert zu werden.
Jedenfalls seien die Ansprüche zeitlich zu befristen. Spätestens 10 Jahre nach rechtskräftiger Scheidung müsse er keinesfalls Ehegattenunterhalt mehr zahlen.
Erstinstanzlich war der Beklagte zur Zahlung von Unterhaltsrückstand für die Monate Februar bis April 2007 i.H.v. 333,00 EUR sowie laufenden Unterhalt ab Mai 2007 i.H.v. 111,00 EUR verurteilt worden.
Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung verfolgte der Beklagte das Ziel einer vollständigen Abweisung der Klage weiter, hilfsweise begehrte er eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung bis zum 8.5.2008.
Die Klägerin beantragte im Wege der Anschlussberufung, den Beklagten zu verurteilen, an sie ab Mai 2008 über den durch das erstinstanzliche Urteil ausgeurteilten Betrag i.H.v. 111,00 EUR hinaus weitere 71,00 EUR monatlich und ab Juni 2008 insgesamt monatlich 209,00 EUR Unterhalt an sie zu zahlen.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Die Berufung des Beklagten hatte im Hinblick auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs teilweise Erfolg. Ohne Erfolg blieb sie jedoch im Hinblick auf die Fragen des Unterhaltsanspruchs dem Grunde nach und einer Befristung des Anspruchs. Die Anschlussberufung der Klägerin hielt das OLG für unbegründet.
Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Scheidung im Jahre 1998 aufgrund der Folgen der im Jahre 1989 diagnostizierten Krebserkrankung erwerbsunfähig bzw. nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig gewesen sei. Dieser Zustand dauere bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert an. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe die Klägerin auf einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch nicht verzichtet. Ein Unterhaltsverzicht setze voraus, dass der Unterhaltsgläubiger seinen Willen, auf Unterhalt zu verzichten, eindeutig zum Ausdruck bringe, so dass ein stillschweigender Unterhaltsverzicht nur ausnahmsweise angenommen werden könne (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1585c Rz. 6).
Die Klägerin habe den Beklagten zu keinem Zeitpunkt zu verstehen gegeben, dass sie auf nacheheliche Unterhaltsansprüche verzichten wolle.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts auch nicht verwirkt.
Ein Anspruch sei gemäß § 242 BGB dann verwirkt, wenn der Berechtigte ihn längere Zeit nicht geltend mache, der Verpflichtete sich hierauf eingerichtet habe und habe auch einrichten dürfen. Ob vorliegend das Zeit- und das Umstandsmoment gegeben seien, könne dahinstehen, da die Klägerin keinen Unterhalt geltend mache, der mehr als ein Jahr zurückliege. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 1273) könne der Grundsatz von Treu und Glauben der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen entgegenstehen, die mehr als ein Jahr zurücklägen. Den mit der vorliegenden Klage beanspruchten Unterhalt ab Februar 2007 habe die Klägerin noch im gleichen Monat angemahnt und mit der im April 2007 eingereichten Klage zeitnah geltend gemacht. Soweit weiter zurückliegende Unterhaltsansprüche, die von der Klägerin nicht geltend gemacht würden, verwirkt sein sollten, wären nur diese hiervon betroffen, ohne dass hiermit eine dauerhafte und endgültige Verwirkung des Unterhaltsanspruchs seinem Grunde nach verbunden wäre.
Auch eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin kam nach Auffassung des OLG nicht in Betracht. Die Klägerin sei unstreitig seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und beziehe Erwerbsunfähigkeitsrente. Angesichts dieses Umstandes sei nicht ersichtlich, dass sie in größerem Umfang erwerbstätig sein könnte als sie es jetzt sei. Es sei der Klägerin aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes nicht möglich, eine weitergehende Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Im Übrigen sei eine Unbilligkeit einer dauerhaften Unterhaltszahlung des Beklagten an die Klägerin im Hinblick auf § 1578b Abs. 2 BGB n.F. nicht gegeben. Ob ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig sei, sei unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Zu berücksichtigen sei insbesondere auch die Art des Unterhaltsanspruchs, da bei den einzelnen Unterhaltstatbeständen der §§ 1570 ff. BGB die Bedeutung ehebedingter Nachteile unterschiedlich sei.
Unter Abwägung und Berücksichtigung aller Umstände stelle sich ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht als unbillig dar. Im Gegenteil sei im vorliegenden Fall eine zeitliche Begrenzung de...