Leitsatz
Geschiedene Eheleute begehrten beide die Abänderung eines Unterhaltstitels, wonach der Ehemann zur Zahlung von insgesamt 1.700,00 EUR an die Ehefrau verurteilt worden war. Hiervon entfielen 1.346,00 EUR auf den Elementarunterhalt und 354,00 EUR auf den Altersvorsorgeunterhalt. Der Ehemann begehrte Reduzierung des von ihm zu leistenden Unterhalts auf 738,00 EUR, die Ehefrau beantragte widerklagend, den Ehemann zur Zahlung höheren Ehegattenunterhalts von insgesamt 2.100,00 EUR zu verurteilen.
Es ging in dem Verfahren primär um die Frage, ob der Erwerbstätigenbonus auch bei konkreter Bedarfsberechnung zu berücksichtigen ist. Ferner war Gegenstand des Verfahrens die Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts bei konkreter Bedarfsberechnung sowie die Frage der Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Oktober 1986 geheiratet und waren seit dem 14.1.2004 rechtskräftig geschieden. Sie trennten sich Mitte 1996.
Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1987 und 1990 geborene Kinder hervorgegangen. Das ältere Kind lebte in dem Haushalt seines Vaters, das jüngere Kind bis Ende Februar 2007 in dem Haushalt seiner Mutter. Zum 1. März 2007 wechselte es in den Haushalt seines Vaters.
Der Ehemann wurde durch Urteil des OLG vom 5.3.2004 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von insgesamt 1.700,00 EUR verurteilt. Hiervon entfielen 1.346,00 EUR auf den Elementarunterhalt und 354,00 EUR auf den Altersvorsorgeunterhalt. Der Entscheidung lag die Berechnung des konkreten Bedarfs der Ehefrau i.H.v. 3.217,00 EUR zugrunde.
Dieser wurde i.H.v. 750,00 EUR durch das Wohnen in dem ehemals gemeinsamen Haus und i.H.v. 1.114,29 EUR durch 6/7 des von ihr damals als Halbtagstätigkeit als Realschullehrerin erzielten Erwerbseinkommens gedeckt. Beide Parteien begehrten Abänderung des Urteils zu ihren Gunsten. Der Kläger wollte das Urteil des OLG vom 5.3.2004 dahingehend abgeändert wissen, dass er ab Rechtshängigkeit seiner Abänderungsklage nur noch monatlichen Unterhalt i.H.v. 738,00 EUR schulde. Die Ehefrau begehrte ab Februar 2006 Zahlung höheren nachehelichen Unterhalts i.H.v. insgesamt 2.100,00 EUR.
Das AG hat auf die Abänderungsklage des Klägers den monatlichen nachehelichen Unterhalt für die Zeit vom 30.5.2006 bis zum 12.7.2006 auf insgesamt 817,00 EUR reduziert und auf die Widerklage der Beklagten für die Zeit ab dem 13.7.2006 auf insgesamt 1.791,00 EUR erhöht.
Die Änderung zu Ungunsten der Beklagten wurde damit begründet, dass sie ab dem 16. Geburtstag des bei ihr lebenden Kindes zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen sei. Ihre Bemühungen um eine solche Stelle seien als nicht ausreichend anzusehen. Demzufolge hat das AG der Beklagten fiktive Einkünfte aus einer Vollzeitstelle i.H.v. 2.100,00 EUR netto angerechnet. Diesen Betrag hat es auch ab dem 13.7.2007 zugrunde gelegt. Von diesem Zeitpunkt an entfiel lediglich der Wohnvorteil um 750,00 EUR, um den sich zuvor der Bedarf der Beklagten gedeckt hatte.
Beide Parteien wandten sich mit der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil.
Die Anschlussberufung der Beklagten erwies sich als teilweise erfolgreich. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Aufgrund der Ehedauer von 18 Jahren und der langjährigen Kinderbetreuung war nach Auffassung des OLG maßgeblich für den der Beklagten geschuldeten nachehelichen Unterhalt ihr sich an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierender konkreter Bedarf i.H.v. 3.217,00 EUR. Zutreffend habe das AG ihr in der Zeit vom 1.6.2006 bis zum 1.2.2007 ein fiktives Einkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung zugerechnet. Zu einer solchen sei sie seit Januar 2006 verpflichtet gewesen.
Die von ihr vorgetragenen und belegten Bewerbungsbemühungen seien nicht ausreichend.
Als fiktives Einkommen sei das 2006 erzielte Einkommen hochgerechnet auf 28 Stunden bei Steuerklasse II und einem Kinderfreibetrag zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein monatliches Nettogehalt von 2.020,59 EUR. Ab Februar 2007 sei wegen des verminderten Kinderzuschlages und der Steuerklasse I ein monatliches Nettoeinkommen von 1.939,36 EUR zugrunde zu legen. Im Übrigen sei bei der Berechnung, inwieweit der konkret ermittelte Bedarf durch eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten gedeckt sei, der Abzug des sog. Erwerbstätigenbonus i.H.v. 1/7 des Erwerbseinkommens geboten.
Ein solcher Abzug habe den Zweck, einen Arbeitsanreiz zu schaffen und berufsbedingte Mehraufwendungen auszugleichen. Diesen Zweck erfülle der Abzug in allen Fällen der Bedarfsdeckung durch eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten, weshalb er nicht nur auf die Unterhaltsrechnung nach Quoten zugeschnitten sei. Wenn, wie im vorliegenden Fall, bei der Berechnung des konkreten Bedarfs Mehraufwendungen, die auch beruflich veranlasst seien, keine Berücksichtigung gefunden hätten, sei auch eine Reduzierung des üblichen Siebtels nicht veranlasst.
Bei der Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts sei zu beachten, dass dies...