Leitsatz
Die Ehefrau nahm den Ehemann auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch, da ihre eigene selbständige Tätigkeit als Diätassistentin nur wenig einträglich war. Gegenstand dieser Entscheidung war die Frage, ob die Ehefrau hinreichende Erwerbsbemühungen entfaltet hat und inwieweit für sie reale Beschäftigungschancen auf dem Arbeitsmarkt bestehen, um den geforderten Wechsel in eine ertragreichere nicht selbständige Tätigkeit zu verwirklichen. Problematisch war ferner, inwieweit ehebedingte Nachteile einer Befristung und Herabsetzung des Unterhalts entgegenstehen.
Bei der Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens ging es insbesondere um die Höhe des Wohnvorteils für zwei Wohnungen aufseiten des Ehemannes und die Behandlung umlagefähiger Kosten. Im Rahmen der Bedarfsbemessung stand ferner im Streit, ob hinsichtlich des Unterhalts der minderjährigen Kinder die Zahlbeträge oder der Tabellenbetrag abzusetzen ist.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1987 geheiratet und trennten sich im Jahre 2005. Aus der Ehe waren zwei Töchter hervorgegangen. Der Antragsteller war ferner Vater eines im Jahre 2006 geborenen Sohnes. Die Ehe der Parteien wurde im Jahre 2007 geschieden. Der Antragsteller war Leiter einer Krankenhausapotheke und alleiniger Eigentümer einer Eigentumswohnung, die er seit der Trennung bewohnte. Er bewohnte außerdem das im Miteigentum der Parteien stehende Einfamilienhaus an einem anderen Ort.
Die Antragsgegnerin war ausgebildete Diätassistentin und betrieb als selbständige Ernährungsberaterin ein Einzelunternehmen. Darüber hinaus bezog sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das erstinstanzliche Gericht hat den Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 1.000,00 EUR monatlich zzgl. Altersvorsorgeunterhalt verurteilt. Auf die hiergegen von dem Antragsteller eingelegte Berufung hatte das OLG den Unterhalt geringfügig reduziert.
Die hiergegen von dem Antragsteller eingelegte Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidung
Der BGH hat die Entscheidung des OLG gebilligt und eine erhöhte Darlegungslast der Antragsgegnerin hinsichtlich der ehebedingten Nachteile verneint. Ob der Unterhaltsgläubiger fortwirkende ehebedingte Nachteile erlitten habe und dadurch keine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Tätigkeit entsprechende Anstellung finden könne, sei bereits bei der Unterhaltsbedürftigkeit zu prüfen. Insoweit obliege dem Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast. Die Feststellung des Berufungsgerichts, wonach die Antragsgegnerin 1.000,00 EUR netto im Monat verdienen könne, zeige zugleich, dass derzeit ein höheres Einkommen von ihr nicht zu erzielen sei. Insoweit sei auch keine erneute Prüfung der ehebedingten Nachteile im Rahmen des § 1578 BGB notwendig.
Zu dem aufseiten des Antragstellers zu berücksichtigenden Wohnvorteil wies der BGH darauf hin, dass es grundsätzlich möglich sei, einem Ehegatten den Wohnteil für zwei genutzte Immobilien zuzurechnen. Mache der betroffene Ehegatte allerdings geltend, er wohne nur gelegentlich in einer der Immobilien, könne der Wohnwert dafür nach Angemessenheitskriterien gesenkt werden. Dies sei insbesondere erforderlich, wenn ein Verstoß gegen die Verwertungsobliegenheiten nicht gegeben sei, weil eine Verwertung nicht möglich oder nicht zumutbar sei.
Verbrauchsunabhängige Nebenkosten seien mit dem Wohnwert nur dann zu verrechnen, wenn sie nicht auf die Mieter umgelegt werden könnten.
Im Rahmen der Bedarfsbemessung sei der Unterhalt für die gemeinsamen Kinder vorweg abzuziehen. Zu berücksichtigen insoweit sei der Zahl- und nicht der Tabellenbetrag.
Das Berufungsgericht hat die Entscheidung über die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts einem späteren Zeitpunkt vorbehalten, weil derzeit noch keine zuverlässige Prognose über die Festlegung einer Übergangszeit getroffen werden könne. Der BGH schloss sich im Hinblick auf seine Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der ehebedingten Nachteile dieser Beurteilung an. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen könnten, trage der Unterhaltsverpflichtete. Habe er allerdings Tatsachen vorgetragen, die einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legten, obliege es dem Unterhaltsgläubiger, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprächen.
Hinweis
Der BGH hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Unterhaltsgläubiger bereits im Rahmen der Unterhaltsbedürftigkeit darlegen und beweisen muss, dass er fortwirkende berufliche ehebedingte Nachteile erlitten hat. Sodann ist es Sache des Unterhaltsschuldners, Umstände darzulegen, die gegen den Eintritt ehebedingter Nachteile sprechen. Hierzu ist substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich. Bei langjähriger Berufspaus...