Leitsatz

Im Rahmen eines von dem geschiedenen Ehemann initiierten Abänderungsverfahrens hatte das OLG nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrecht die Frage zu entscheiden, ob für die Bemessung des Ehegattenunterhalts der Unterhalt des minderjährigen Kindes mit dem Zahl- oder dem Tabellenbetrag zu berücksichtigen ist.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf hielt an seiner bisherigen Rechtsprechung fest und vertrat die Auffassung, bei der Errechnung des Ehegattenunterhalts sei vorab für die minderjährigen Kinder der Tabellenbetrag, in dem das hälftige Kindergeld enthalten sei, zu berücksichtigen.

Die Beantwortung der Frage, ob die Zahl- oder die Tabellenbeträge bei der Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse von dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils in Abzug zu bringen seien, ergebe sich zunächst nicht aus dem Gesetz. Zwar sei nach § 1612b BGB das Kindergeld auf den Bedarf anzurechnen. Dies zwinge aber nicht zum Abzug der Zahlbeträge. Nach dem zum 1.7.1998 in Kraft getretenen Kindschaftsreformgesetz sei das Kindergeld ebenfalls auf den Bedarf angerechnet worden. Die jetzige Rechtslage sei somit nicht neu. Damals habe Einigkeit darüber bestanden, dass bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts nicht die Zahlbeträge, sondern die Tabellenbeträge in Abzug zu bringen seien (BGH FamRZ 1997, 806).

Der BGH habe darauf hingewiesen, dass das Kindergeld den Eltern in dem Maße zustehe, in dem sie nach Maßgabe des § 1606 Abs. 3 BGB am Unterhalt des Kindes beteiligt seien. Da Betreuungs- und Barunterhalt gleichrangig seien, solle das Kindergeld bei minderjährigen Kindern in der Regel hälftig zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Auf den Gedanken, das Kindergeld als Einkommen des Kindes anzusehen, sei bei der damaligen Rechtslage niemand gekommen.

In der Berücksichtigung der Tabellebeträge sah das OLG einen Verstoß gegen Art. 3 GG, weil insoweit der barunterhaltspflichtige Elternteil ggü. dem Elternteil, der den Betreuungsunterhalt leiste, benachteiligt werde, so dass die Gleichwertigkeit gemäß § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nicht mehr gewahrt sei. Das Kindergeld habe eine zweifache Zweckbestimmung. Zum einen sei es eine familienfördernde Sozialleistung und diene dazu, das Existenzminimum des Kindes sicherzustellen. Zum anderen diene es im Rahmen des Familienleistungsausgleichs gemäß § 31 S. 2 EStG dazu, die barunterhaltspflichtigen Eltern von ihren Belastungen durch ihre Leistungen ggü. den Kindern steuerlich freizustellen.

Nach § 1612b Abs. 5 BGB (a.F.) sei das Kindergeld gemäß diesen Zweckbestimmungen eingesetzt worden. Es habe dem barunterhaltspflichtigen Elternteil erst dann zur Hälfte zugestanden, wenn er das Existenzminimum des Kindes sichergestellt habe. Solange diesem die Sicherstellung des Existenzminimums aufgrund seines Einkommens nicht möglich war, sei das Kindergeld dazu eingesetzt worden. Aus diesem Grunde habe das Gesetz eine Halbanrechnung des Kindergeldes erst ab der Sicherstellung von 135 % des Regelbetrages vorgesehen. Hieraus zog das OLG den Umkehrschluss, dass dann, wenn das Existenzminimum des Kindes durch den Barunterhalt sichergestellt werde, dem Unterhaltspflichtigen das halbe Kindergeld ebenso wie dem anderen Elternteil zukommen müsse.

 

Hinweis

Die vom OLG zugelassene Revision ist eingelegt worden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 24.6.2009 zur Geschäftsnummer XII ZR 161/08 zwischenzeitlich klargestellt, dass bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für den Ehegattenunterhalt der Kindesunterhalt mit dem um das anteilige Kindergeld geminderten Zahlbetrag und nicht dem Tabellenbetrag abzuziehen ist.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2008, II-7 UF 33/08

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