Leitsatz
Der BGH hatte sich in dieser Entscheidung damit zu befassen, ob und inwieweit die ehelichen Lebensverhältnisse durch ein von dem Unterhaltspflichtigen nachehelich adoptiertes Kind und den Unterhaltsbedarf seiner neuen Ehefrau geprägt werden. Ferner war zentrales Problem dieser Entscheidung, wie aufseiten des Unterhaltspflichtigen der Wohnvorteil zu bemessen ist, wenn er nach der Veräußerung des Familienheims mit dem Erlös ein neues Eigenheim erwirbt.
Sachverhalt
Die Parteien stritten noch um den nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Dezember 2005. Sie waren von Januar 1978 bis zur rechtskräftigen Scheidung im Juni 2004 verheiratet. Für den gemeinsamen im Februar 1987 geborenen Sohn hatte der Beklagte bis einschließlich Dezember 2005 Unterhalt gezahlt.
Die Klägerin war vollzeitig im öffentlichen Dienst beschäftigt und erzielte nach Abzug des Erwerbstätigenbonus im Jahre 2005 Einkünfte von 1.385,00 EUR, im Jahre 2006 solche von 1.297,00 EUR und seit 2007 Einkünfte i.H.v. 1.174,00 EUR monatlich.
Der Beklagte war als Verwaltungsangestellter tätig und erzielte seit 2006 ein jährliches Bruttoeinkommen i.H.v. 49.582,94 EUR. Am 28.12.2004 hatte er erneut geheiratet und mit Beschluss vom 1.7.2005 die am 8.6.1998 geborene Tochter seiner Ehefrau adoptiert. Seine zweite Ehefrau war ebenfalls halbtags im öffentlichen Dienst tätig.
Während der Ehe wohnten die Parteien in einem Einfamilienhaus des Beklagten, das dieser nach der Trennung im Jahre 2004 veräußerte. Von dem Verkaufserlös verblieben nach Abzug der Verbindlichkeiten 97.000,00 EUR. Nach Tilgung diverser Verbindlichkeiten hat er den ihm verbleibenden Restbetrag überwiegend für den Bau eines Einfamilienhauses für die neue Familie verwendet. Der Wohnwert dieses Hauses mit einer Wohnfläche von ca. 140 qm überstieg die Zinsbelastungen aus den zusätzlich aufgenommenen Krediten nicht.
Als Zugewinnausgleich erhielt die Klägerin einen Betrag von 53.000,00 EUR. Nach ihrem Vortrag war dieser Betrag bis auf einen Rest von ca. 6.000,00 EUR verbraucht.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG den Beklagten zur Zahlung in gestaffelter Höhe, zuletzt ab Januar 2007, i.H.v. 237,00 EUR verurteilt. Hiergegen richtete sich die vom OLG zugelassene Revision des Beklagten.
Entscheidung
Der BGH hielt die Revision für begründet.
In konsequenter Fortsetzung seiner Rechtsprechung in den Entscheidungen vom 6.2.2008 (BGH vom 6.2.2008 - XII ZR 14/06 in FamRZ 2008, 968 ff. und BGH vom 30.07.2008 - XII ZR 177/08 in FamRZ 2008, 1911 ff.) kam der BGH erneut zu dem Ergebnis, dass nach Scheidung der Ehe eingetretene Änderungen in gleicher Weise wie in der Trennungszeit grundsätzlich bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse zu berücksichtigen seien. Eine Ausnahme bestehe nur bei unterhaltsbezogenem schuldhaftem Verhalten. In einem solchen Fall sei von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, wenn ein Unterhaltsschuldner Kinder aus einer neuen Beziehung bekomme. Auch die nacheheliche Adoption eines minderjährigen Kindes könne kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten begründen. In § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB sei als Voraussetzung für die Annahme eines minderjährigen Kindes normiert, dass sie dem Wohl des Kindes diene und zu erwarten sei, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehe. Schon diese Voraussetzung und das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung schlössen aus, dass die Adoption allein mit dem Ziel betrieben werde, die Unterhaltsansprüche eines geschiedenen Ehegatten zu kürzen. Aus diesem Grunde unterscheide sich die Adoption eines minderjährigen Kindes aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht von der Zeugung eines Kindes in einer neuen Lebensgemeinschaft.
Im Übrigen verteidigt der BGH seine Rechtsprechung zur Frage der Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse im Falle einer erneuten Eheschließung (BGH vom 6.2.2008 - XII ZR 14/06 im FamRZ 2008, 968 ff.).
Zu dem Vorteil mietfreien Wohnens als Gebrauchsvorteil i.S.d. § 100 BGB wiederholt der BGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Wohnvorteil dem unterhaltsrelevanten Einkommen grundsätzlich hinzuzurechnen sei. Mit dem endgültigen Scheitern der Ehe bemesse sich dieser nach der objektiven Marktmiete und nicht dem angemessenen Wohnwert. Ferner weist der BGH darauf hin, dass vom Wohnvorteil lediglich die damit verbundene Zinsbelastung, nicht aber die Tilgungen abgezogen werden können. Im Falle der Veräußerung des Familienheims trete als Surrogat der Zinsvorteil, der aus dem Erlös erzielt werden könnte.
Auch in Bezug auf den Einsatz des Kapitals aus dem veräußerten Eigenheim zum Erwerb eines neuen Eigenheims greift der BGH auf seine frühere Rechtsprechung zurück (BGH vom 23.11.2005 - XII ZR 51/03 in FamRZ 2006, 387 ff.).
Ausgangspunkt ist der Einsatz des konkreten Wohnvorteils aus dem neuen Eigenheim ggf. gemindert um den Zinsaufwand aufgrund der Aufnahme ...