Leitsatz

Gegenstand dieser Entscheidung war die Einordnung einer nach der Ehescheidung erhaltenen Abfindung. Es ging primär um die Frage, ob eine solche Abfindung als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu betrachten ist oder bei der Bedarfsbestimmung nicht zu berücksichtigen ist.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im Jahre 1981 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1983 und 1986 geborene Töchter hervorgegangen. Die Ehe wurde durch Urteil vom 26.3.2003 rechtskräftig geschieden.

Der Ehemann war während der Ehezeit als Angestellter bei einer GmbH beschäftigt. Darüber hinaus war er in von ihm unter wechselnder Firma betriebenen Unternehmen selbständig tätig. Nach der Ehescheidung im März 2003 schied der Ehemann im Dezember 2003 aus der GmbH aus und erhielt hierfür eine Abfindung von rund 56.000,00 EUR netto. Seither war er ausschließlich selbständig tätig.

Während der Ehe wurden gemeinsame Verbindlichkeiten für ein Hausgrundstück und für die selbständige Tätigkeit des Ehemannes begründet. Der Ehemann tilgte auch nach der Scheidung allein die verbliebenen Verbindlichkeiten.

In einem Vergleich zum nachehelichen Unterhalt im März 2003 hatten die Eheleute als Vergleichsgrundlage ein Einkommen des Ehemannes i.H.v. 2.550,00 EUR zugrunde gelegt und sich darauf verständigt, dass der Ehemann keinen Unterhalt schulde, solange er Zahlungen auf die gemeinsamen Verbindlichkeiten von 1.261,91 EUR vierteljährlich nachweise. Die Parteien hatten ferner vereinbart, dass die Ehefrau Unterhalt in zu berechnender Höhe fordern könne, wenn der Ehemann der von ihm übernommenen Nachweisverpflichtung hinsichtlich der Verbindlichkeiten nicht nachkommen sollte.

Ab August 2005 verlangte die Ehefrau nachehelichen Unterhalt mit der Begründung, dass der Schuldendienst entfallen sei.

Das AG hat den Ehemann unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Ehefrau Aufstockungsunterhalt ab August 2005 zu zahlen sowie laufenden Unterhalt in unterschiedlicher Höhe zu leisten, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 i.H.v. 500,00 EUR monatlich.

Das OLG hat den Ehemann zur Zahlung rückständigen Aufstockungsunterhalts i.H.v. 9.933,00 EUR sowie laufenden Zahlungen für die Zeit ab Mai 2007 in unterschiedlicher Höhe, zuletzt für die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Dezember 2009 i.H.v. monatlich 438,00 EUR verurteilt und den Unterhalt bis Dezember 2009 befristet.

Mit der zugelassenen Revision erstrebte der Ehemann die Abweisung der Klage, während die Ehefrau ihr erstinstanzliches Verlangen nach einer höheren und unbefristeten Unterhaltszahlung weiterverfolgte.

Die Rechtsmittel beider Parteien hatten Erfolg und führten zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Sache an das OLG.

 

Entscheidung

Der BGH wies in seiner Entscheidung zunächst darauf hin, dass für das Unterhaltsverlangen der Ehefrau die Leistungsklage die richtige Klageart sei, da sich der Vergleich auf die Feststellung beschränke, dass derzeit keine Unterhaltspflicht bestehe und keine Verpflichtung zukünftig fällig werdenden Leistungen beinhalte, so dass die Voraussetzungen für eine Abänderungsklage nicht gegeben seien.

Sodann führte der BGH aus, dass die dem Ehemann im Dezember 2003 zugeflossene Abfindung den Unterhaltsbedarf der Ehefrau nicht beeinflusse. Sie sei im konkreten Einzelfall als nacheheliche Einkommensverbesserung, die auf einer unerwarteten und vom Normalfall abweichenden Entwicklung beruhe, anzusehen und bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nicht zu berücksichtigen.

Hätte der Ehemann aus der Abfindungssumme Beträge erwirtschaftet, würden diese konsequenterweise der Ehefrau unterhaltsrechtlich nicht zugute kommen, wenn schon die Abfindung selbst nicht bedarfssteigernd zu berücksichtigen sei. Habe der Ehemann die Abfindung zur Schuldentilgung verwendet, könne nichts anderes gelten. Der Grundsatz, dass die Ehefrau an der Abfindung nicht partizipieren solle, führe im Fall der Verwendung der Abfindung zur Tilgung gemeinsamer Verbindlichkeiten dazu, dass der Ehemann - bezogen auf den Vergleich zum nachehelichen Unterhalt - so zu behandeln sei, als habe er die gemeinsamen Schulden weiterhin monatlichen Raten getilgt. Er sei daher seiner Verpflichtung zur Schuldentilgung aus dem Vergleich nachgekommen, soweit die Tilgungswirkung der Abfindung reiche. Dies habe das Berufungsgericht nicht hinreichend geklärt, weshalb der Rechtsstreit dorthin zurückzuverweisen sei.

 

Hinweis

Bei der Berücksichtigung einer Abfindung im nachehelichen Unterhalt muss danach unterschieden werden, ob die Abfindung an die Stelle eines bedarfsbestimmenden Einkommens bzw. einer entsprechenden Einkommensersatzleistung getreten ist, dies würde zur Berücksichtigung bei der Bedarfsbemessung führen. Anderes gilt dann, wenn die Abfindung ihren Grund außerhalb der ehelichen Lebensverhältnisse hat. In einem solchen Fall ist sie für den Bedarf nicht von Bedeutung und wie sonstiges Einkommen oder Vermögen des Unterhaltspflichtigen zu behandeln.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 02...

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