Leitsatz
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch und vertrat die Auffassung, er sei aus dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität verpflichtet, ihren ausreichenden Unterhalt sicherzustellen. Die Ehe der Parteien habe 30 Jahre gedauert, sie selbst habe ihr eigenes berufliches Fortkommen zugunsten dieser Ehe in den Hintergrund gestellt und in Übereinstimmung mit dem Beklagten die Kindererziehung und Haushaltsführung übernommen. In ihrem Beruf als Näherin werde sie aufgrund der Tatsache, dass sie in diesem Beruf 30 Jahre nicht mehr tätig gewesen sei, keine Stelle mehr finden. Sie werde daher immer auf schlecht bezahlte Arbeiten im Niedriglohnbereich angewiesen sein.
Erstinstanzlich wurde der Beklagte zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt. Hiergegen wandte er sich mit der Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgte. Er berief sich primär darauf, ein nachehelicher Unterhaltsanspruch bestehe schon deswegen nicht, weil ehebedingte Nachteile der Klägerin nicht zu erkennen seien.
Das Rechtsmittel des Ehemannes hatte nur teilweise Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG verwies auf § 1573 Abs. 2 BGB als Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt, nachdem sie ihre Fähigkeit zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht mehr in Abrede stelle.
Maßgeblich für die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs seien die den beiden Parteien zuzurechnenden Einkünfte.
Aufseiten der Klägerin hielt das OLG das ihr durch das AG fiktiv zugerechnete Einkommen von lediglich 7,00 EUR brutto pro Stunde für etwas zu niedrig. Sie sei jedenfalls mit Ablauf des Trennungsjahres - mithin spätestens seit Sommer des Jahres 2005 - zu einer Vollzeittätigkeit verpflichtet. Mangels Nachweises von Erwerbsbemühungen müsse ihr jedenfalls ein Einkommen von 7,50 EUR brutto pro Stunde zugerechnet werden, das gerichtsbekannt auch für ungelernte weibliche Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt realisierbar sei. Es möge zwar sein, dass die Klägerin letztendlich nur eine niedriger dotierte Stelle finden werde. Solange sie aber in dieser Richtung keinerlei Anstrengungen unternehme, könne sie sich nicht auf den an der untersten Grenze liegenden erzielbaren Stundenlohn berufen.
Die Voraussetzungen gemäß § 1578b BGB für eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hielt das OLG für nicht gegeben. Eine Herabsetzung von Unterhaltsansprüchen auf den angemessenen Lebensbedarf bzw. eine zeitliche Befristung komme nur dann in Betracht, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei insbesondere zu berücksichtigten sei, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile könnten sich insbesondere aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe, sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
Das OLG hatte keinen Zweifel daran, dass der Klägerin ehebedingte Nachteile entstanden waren. Bereits kurz nach der Eheschließung habe sie aufgrund der Geburt der gemeinsamen Tochter im Jahre 1976 ihren erlernten Beruf aufgegeben und erst 10 Jahre später wieder eine nur stundenweise Tätigkeit in einem untergeordneten Tätigkeitsfeld als Reinigungskraft aufgenommen, die sie jedoch bereits 9 Jahre vor der Trennung wieder aufgegeben habe. Die Ehe der Parteien sei geprägt gewesen durch die klassische Aufteilung in einen haushaltsführenden und einen erwerbstätigen Teil, und zwar für die Dauer von 30 Jahren. Zwar führe allein die Annahme einer langen Ehe nicht dazu, dass eine Begrenzung der Unterhaltsansprüche der Klägerin nicht in Betracht komme. Entscheidend sei vielmehr, inwieweit der nacheheliche Unterhalt ehebedingt entstandene Nachteile des unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgleichen solle. Entscheidend sei jedoch insoweit nicht allein die Ehedauer, sondern vielmehr, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz als ein ehebedingter Nachteil darstelle, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen könne.
Es könne nicht unterstellt werde, dass die Klägerin ohne die Ehe auch heute nur einen Beruf im Geringverdienerbereich ausüben könnte. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass sie ohne die Ehe und ohne die Betreuung der gemeinsamen Tochter sich beruflich umorientiert hätte, wobei hier insbesondere eine Tätigkeit im Bereich des Textileinzelhandels in Betracht gekommen wäre. Eine solche Tätigkeit wäre der Klägerin auch trotz der Tatsache, dass sie nicht über eine höhere Schulausbildung verfügte, ohne weiteres möglich gewesen. Gerichtsbekannt würden in diesem Bereich Nettolöhne von rund 1.300,00 EUR...