Leitsatz
Gegenstand des Berufungsverfahrens war der zwischen den Parteien durchzuführende Versorgungsausgleich sowie der nacheheliche Ehegattenunterhalt. Der Ehemann hatte gegen seine Verurteilung zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts und die Verpflichtung zur Begründung von Rentenanwartschaften Berufung eingelegt und fristgerecht begründet. Der Ehefrau wurde vom OLG eine Frist zur schriftlichen Erwiderung auf die Berufung bis zum 28.5.2008 gesetzt. Die Berufungserwiderung wurde fristgerecht eingereicht. Die Ehefrau führte aus, dass die Berufung des Ehemannes im Hinblick darauf, dass er seit Januar 2008 keinen Kindesunterhalt mehr zahle, keinen Erfolg haben könne. Im Gegenteil sei eine Erhöhung der Unterhaltsleistung vorzunehmen. Mit dieser Begründung legte die Ehefrau mit Schriftsatz vom 15.7.2008 Anschlussberufung ein und begehrte erhöhten Unterhalt. Die Berufung des Ehemannes hatte zum Teil Erfolg; die Anschlussberufung der Ehefrau wurde als unzulässig verworfen.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Anschlussberufung der Ehefrau für unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden sei. Auf die Ausnahmeregelung des § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO (Nichtgeltung der Monatsfrist im Falle der Anschließung wegen Verurteilung zukünftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen) könne sich die Ehefrau im vorliegenden Fall nicht berufen. Die Regelung sei aus prozessökonomischen Gründen eingeführt worden. Wesentliche Änderungen der für die Höhe der Leistung maßgebenden Umstände sollten nicht erst im Abänderungsverfahren berücksichtigt werden, sondern bereits im Berufungsverfahren.
Dieser Gesichtspunkt greife jedoch nur dann, wenn diese Umstände vor Ablauf der Monatsfrist gemäß § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht hätten geltend gemacht werden können, also erst nach Fristablauf eingetreten seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der Ehemann habe seine Unterhaltszahlungen an den gemeinsamen Sohn im Januar 2008 eingestellt, also erhebliche Zeit vor Ablauf der der Ehefrau gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Tatsache sei ihr auch bewusst gewesen, da sie bereits in der Berufungserwiderung vom 28.5.2008 ausgeführt habe, dass durch die Einstellung der Kindesunterhaltszahlungen eine Erhöhung des Anspruchs auf Ehegattenunterhalt in Betracht komme. In diesem Schriftsatz habe sie jedoch keine Anschließung erklärt.
Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs war nach Auffassung des OLG nicht vorzunehmen, weil ehebedingte Nachteil vorlägen. Die Ehe der Parteien habe fast 27 Jahre gedauert. Nach der Geburt der beiden Kinder habe sich die Ehefrau hauptsächlich der Erziehung und der Haushaltsführung gewidmet, sie sei nur noch eingeschränkt erwerbstätig gewesen. Inzwischen sei die Ehefrau über 50 Jahre alt, so dass sie nur eine Teilzeitstelle mit einem Nettoeinkommen von 800,00 EUR finden könne. Ohne die Ehe wäre sie durchgehend als Vollzeitkraft beschäftigt gewesen, so dass sie jetzt mutmaßlich über eine gesicherte Vollzeitstelle hätte verfügen und ein Nettoeinkommen hätte erzielen können, welches ihren Bedarf abdecke.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Nürnberg zeigt deutlich Gefahren und Risiken bei der Fristwahrung für die Einlegung der Anschlussberufung auf. Danach kommt auch bei einer Verurteilung zukünftig fällig werdenden Leistungen eine unbefristete Anschlussberufung nur dann in Betracht, wenn diese auf eine Änderung der Verhältnisse gestützt wird, die erst während des Berufungsverfahrens eingetreten ist und innerhalb der Frist nicht mehr geltend gemacht werden konnte. Sofern mit der Anschlussberufung hingegen - wie in dem OLG Nürnberg entschiedenen Fall - ein schon vorher eingetretener Umstand angeführt wird, ist die Anschlussberufung lediglich bis zum Ablauf der zur Berufungserwiderung gesetzten Frist zulässig.
Bei der Einhaltung der Frist zur Anschlussberufung ist also Vorsicht geboten. Wer sich als berufungsbeklagte Partei an der Rechtsauffassung des Erstgerichts stört oder Anhaltspunkte für eine Verbesserung zu seinen Gunsten sieht, sollte Anschlussberufung in jedem Fall unter Einhaltung der Monatsfrist einlegen.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Urteil vom 06.08.2008, 7 UF 244/08