Leitsatz
Eine Unterhaltsentscheidung entfaltet zwischen den Beteiligten Bindungswirkung, so dass Unterhalt nur bei nachträglichen Veränderungen angepasst werden kann (§ 238 FamFG).
Der BGH hatte in dieser Entscheidung über die Abänderbarkeit eines Unterhaltsanspruchs zu entscheiden, nachdem der Verpflichtete bereits einmal mit einem Abänderungsbegehren erfolglos geblieben war.
Sachverhalt
Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Sie hatten im Jahre 1991 geheiratet und trennten sich im Jahre 1998. Sie hatten eine gemeinsame im Jahre 1990 geborene Tochter. Die Ehe wurde im Jahre 2001 geschieden.
Mit Urteil vom 22.1.2003 wurde der spätere Kläger verpflichtet, an die Beklagte, die die gemeinsame Tochter betreute, nachehelichen Unterhalt von ca. 1.400,00 EUR monatlich zu zahlen. Im Jahre 2006 zog die Tochter bei der Beklagten aus und lebte seither in einer eigenen Wohnung. Der Kläger leistete durchgehend Barunterhalt an die Tochter.
Seine gegen die geschiedene Ehefrau erhobene Abänderungsklage wies das AG nach mündlicher Verhandlung im Oktober 2006 ab. Zwar stellte es eine Vollzeit-Erwerbsobliegenheit der Beklagten nicht in Frage, beurteilte die Klage aber deshalb als unschlüssig, weil der Kläger sein Einkommen nicht ordnungsgemäß dargelegt habe. Die hiergegen gerichtete Berufung nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung im April 2007 zurück.
Im Oktober 2008 beantragte der Kläger erneut Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts mit der Begründung, sein Einkommen sei krankheitsbedingt reduziert, er schulde seiner neuen Ehefrau ebenfalls Unterhalt. Im Übrigen komme die Beklagte ihrer Erwerbsobliegenheit nicht nach.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen, das OLG ließ den Unterhalt der Höhe nach unverändert, befristete den Anspruch jedoch bis zum 31.12.2011.
Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Revision, mit der sie weiterhin Abweisung der Klage erstrebte. Der Kläger wollte mit seiner Anschlussrevision eine frühere Reduzierung des Unterhalts erreichen.
Entscheidung
Revision und Anschlussrevision hatten Erfolg und führten zu einer vollständigen Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung.
Der BGH vertrat die Auffassung, der Einwand vollschichtiger Erwerbsobliegenheit der Beklagten sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht präkludiert. Es komme hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an, auf die das - letzte - Sachurteil ergangen sei, was grundsätzlich auch eine vorausgegangene Abänderungsklage sein könne. Dabei könne § 323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen angewandt werden, allerdings nur insoweit, als eine Prognoseentscheidung getroffen werde, die gerade die (dann präkludierten) Geschehnisse mit berücksichtige. In einem späteren Abänderungsbegehren könne dann eine von der letzten Prognose abweichende Entwicklung geltend gemacht werden.
Die Präklusion nach § 323 Abs. 2 ZPO gehe jedoch nicht weiter als die Rechtskraftwirkung des (klageabweisenden) Urteils. Hier habe das AG in dem die damalige Abänderungsklage abweisenden Urteil aus dem Jahre 2006 eine Erwerbsobliegenheit der Beklagten angenommen und die Klage lediglich aus anderen Gründen abgewiesen. Dieses Urteil enthalte somit keine aktualisierte Prognose, die einer Vollzeittätigkeit der Beklagten entgegenstehe. Der Kläger sei mit dem Einwand fehlender Erwerbstätigkeit der Beklagten daher nicht präkludiert, die Beklagte müsse allerdings noch Gelegenheit erhalten, zu ihren Erwerbsbemühungen vorzutragen.
Der Kläger hingegen müsse ergänzend zu dem Einkommen seiner jetzigen Ehefrau vortragen können. Das Hinzutreten der neuen Ehefrau als weiterer Unterhaltsberechtigter könne ein zu berücksichtigender Abänderungsgrund sein, der im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB geprüft werden müsse. Das Berufungsgericht habe die fehlenden Einkünfte der Ehefrau zu Unrecht für nicht hinreichend belegt gehalten, es müsse deshalb noch Feststellungen zum Unterhaltsrang und zur Bedürftigkeit der Ehefrau treffen.
Auch mit einer Befristung des Unterhaltsanspruchs sei der Kläger nicht präkludiert. Sei ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12.4.2006 (BGH XII ZR 240/03) festgelegt, ergebe sich weder aus der anschließenden Rechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578b BGB vom 01.01.2008 eine wesentliche Veränderung der rechtlichen Verhältnisse.
Hier berufe sich der Kläger nicht nur auf eine Gesetzesänderung als einzigen Abänderungsgrund. Darüber hinaus habe es sich ursprünglich nicht nur um Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 gehandelt, sondern zum Teil um Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der einer Befristung nicht zugänglich gewesen sei.
Das zwischenzeitlich klageabweisende Urteil aus dem Jahre 2006 habe keine neue Grundlage geschaffen, da es insoweit keine Rechtskraftwirkung entfalte.
Es hätten sich somit hier wesentliche andere Umstände verändert, die eine Neubewertung der Befristung nach § 1578b BGB erforderten.
Hinweis
Das Urteil konkretisie...