Leitsatz
Die Antragsgegnerin begehrte von dem Antragsteller in dem vom Scheidungsverbund abgetrennten Verfahren nachehelichen Ehegattenunterhalt für die Zeit ab rechtskräftiger Scheidung.
Sie hatte ihre Ansprüche im Rahmen eines Stufenantrages im Scheidungsverbundverfahren geltend gemacht. Auskunft wurde von dem Antragsteller am 18.12.1998 erteilt. Gleichwohl wurden die Ansprüche der Antragsgegnerin zunächst trotz Aufforderung des Gerichts nicht beziffert. Die Folgesache Unterhalt wurde aus dem Scheidungsverbund abgetrennt. Die Ehe wurde am 8.3.1999 rechtskräftig geschieden. Erst mit Schriftsatz vom 15.5.2002 kündigte die Antragsgegnerin einen bezifferten Zahlungsantrag an und machte Unterhaltsansprüche ab April 1999 geltend.
Erstinstanzlich wurde der Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Unterhalts ab April 1999 verurteilt. Auf seine Berufung hat das OLG die Entscheidung abgeändert und ihn unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages verurteilt, ab Juni 2002 nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Gegen die Abweisung des Antrages für die Zeit von April 1999 bis Mai 2002 richtete sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Antragsgegnerin.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH hielt die Revision für teilweise begründet und kam zu dem Ergebnis, dass die rückständigen Unterhaltsansprüche für die Zeit von April 1999 bis einschließlich Mai 2001 verwirkt seien, da sowohl Zeit- als auch Umstandsmoment erfüllt seien.
Zwar setze ein rechtshängiger Stufenantrag den Schuldner wie eine vorgerichtliche Stufenmahnung auch wegen des noch unbezifferten Zahlungsanspruchs in Verzug, gleichwohl könne dieser für die Vergangenheit verwirkt sein, wenn die Ansprüche nicht rechtzeitig beziffert würden.
Ein Unterhaltsgläubiger, der auf laufende Unterhaltszahlungen angewiesen sei, müsse sich zeitnah um die Durchsetzung seines Anspruchs bemühen, so dass aus dem Gesichtspunkts des Schuldnerschutzes bei mindestens ein Jahr zurückliegenden Unterhaltsrückständen das sog. Zeitmoment bereits erfüllt sei, wenn der Unterhaltsgläubiger mehr als ein Jahr untätig bleibe.
Auch das Umstandsmoment sei erfüllt. Trotz mehrerer Anfragen des Gerichts habe die Ehefrau ihren Anspruch auf nachehelichen Unterhalt erst mehr als drei Jahre nach der letzten Auskunft des Ehemannes zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen beziffert. Diese Untätigkeit habe der Ehemann so verstehen dürfen, dass sie keinen nachehelichen Unterhalt mehr geltend machen werde. Erfahrungsgemäß pflege ein Unterhaltsverpflichteter, der in ähnlichen wirtschaftlichen Verhältnissen wie der Ehemann lebe, seine Lebensführung an die ihm zur Verfügung stehenden Einkünfte anzupassen, so dass er bei unerwarteten Unterhaltsnachforderungen nicht auf Rücklagen zurückgreifen könne und dadurch regelmäßig in Bedrängnis gerate.
Die Verwirkung erfasste nach Auffassung des BGH jedoch nur die Unterhaltsansprüche für die Zeit bis Mai 2001, da nur diese Unterhaltsansprüche bis zur Weiterverfolgung des Anspruchs mehr als ein Jahr zurücklagen und somit die an das Zeitmoment der Verwirkung zu stellenden Anforderungen erfüllt waren.
Hinweis
Bei Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs im Wege der Stufenklage ist dringend darauf zu achten, dass der Unterhaltsanspruch spätestens ein Jahr nach der erteilten Auskunft oder Erledigung der Auskunftsstufe beziffert wird, da anderenfalls für die länger als ein Jahr zurückliegenden Unterhaltsansprüche Verwirkung droht.
Auch bei außergerichtlicher Stufenmahnung sind nach erteilter Auskunft die Unterhaltsansprüche möglichst zeitnah zu beziffern und weiterzuverfolgen, um dem anderenfalls drohenden Einwand der Verwirkung zu entgehen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 22.11.2006, XII ZR 152/04