1 Leitsatz
Ein Nachschuss-Beschluss entspricht insgesamt keiner ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn der Jahresabrechnung und damit dem Nachschuss-Beschluss teilweise falsche Umlageschlüssel zu Grunde liegen.
2 Normenkette
§§ 16 Abs. 2 Satz 1, 28 Abs. 2 Satz 1 WEG
3 Das Problem
Nach der Gemeinschaftsordnung sind die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen umzulegen. Am 21.3.1977 bestimmen die Wohnungseigentümer durch Beschluss, dass die Warmwasserkosten nach dem reinen Verbrauch umgelegt werden sollen. Im Mai 2023 beschließen die Wohnungseigentümer die Nachschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung 2022. Dort werden die Müllkosten auf 10 Einheiten verteilt. Die Kabelgebühren werden auf 7 Einheiten verteilt. Das Verwalterhonorar wird hingegen auf sämtliche 21 Einheiten verteilt. Wohnungseigentümer K geht gegen den Beschluss über die Nachschüsse sowie gegen die Entlastungsbeschlüsse in Bezug auf die Verwaltung und die Verwaltungsbeiräte vor.
4 Die Entscheidung
Die Klage hat Erfolg! In der Jahresabrechnung habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unstreitig Umlageschlüssel eingesetzt, die den Umlagevereinbarungen nicht entsprächen. Ein Umlage-Beschluss, der etwas von diesen Vereinbarungen Abweichendes bestimme, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Verträge mit Dritten und die dort angesetzten Schlüssel seien unerheblich. Auch die Kosten für Wärme und Warmwasser seien fehlerhaft verteilt worden. Eine Umlage dieser Kosten allein nach Verbrauch entspreche zwar dem Beschluss aus dem Jahr 1977. Überschreitungen der in § 7 und § 8 HeizkostenV geregelten Höchstsätze könnten indes nur vereinbart werden. Dies ergebe sich aus § 10 HeizkostenV, der (lediglich) rechtsgeschäftliche Bestimmungen höherer Sätze zulasse. Auch die Entlastung der Verwaltung und der Verwaltungsbeiräte widerspreche aus diesen Gründen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, weil Ansprüche gegen die Verwaltung in Betracht kämen und kein Grund ersichtlich sei, auf diese Ansprüche zu verzichten.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage der Höhe der Nachschüsse. Um diese zu ermitteln, hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Jahresabrechnung zu erstellen. Geht dort etwas schief, werden beispielsweise die falschen Umlageschlüssel eingesetzt, fragt sich, was das für einen Nachschuss-Beschluss bedeutet. Das AG meint, der Nachschuss-Beschluss sei dann nicht ordnungsmäßig. Und so sieht es auch die ganz herrschende Meinung. Man kann nur streiten, ob der ganze Nachschuss-Beschluss unter diesem Mangel leidet. Das AG stellt diese Frage aber nicht.
Umlage-Beschluss: Betriebs- und Verwaltungskosten
Die Wohnungseigentümer können durch einen Umlage-Beschluss Bestimmungen treffen, die von den geltenden gesetzlichen oder vereinbarten Umlageschlüsseln abweichen. Das bietet sich beispielsweise dann an, wenn, wie im Fall, mit einem Dritten (hier: Müll und Kabelfernsehen) ein Schlüssel vereinbart wurde, der mit den in der Wohnungseigentumsanlage geltenden Schlüsseln nicht übereinstimmt. Denn in dem Vertragsschluss mit dem Dritten liegt selbstverständlich kein konkludent geschlossener Umlage-Beschluss.
Umlage-Beschluss: Kosten für Wärme- und Warmwasser
Die Wohnungseigentümer können nach herrschender Meinung nur durch eine Vereinbarung, nicht aber durch einen Umlage-Beschluss anordnen, dass sämtliche Kosten für Wärme- und Warmwasser nach Verbrauch umgelegt werden. Anders lautende Beschlüsse sind nicht nur anfechtbar, sie sind nichtig.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Die Verwaltungen müssen wissen, welche Umlageschlüssel in einer Wohnungseigentumsanlage gelten. Dazu ist die Gemeinschaftsordnung zu sichten, ob es dort Umlagevereinbarungen gibt. Ferner sind die Niederschriften und die Beschluss-Sammlung zu durchforsten.
6 Entscheidung
AG Fürstenfeldbruck, Urteil v. 30.11.2023, 10 C 482/23 WEG