Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 226 BGB
Kommentar
1. Das nachträgliche Anbringen von Außenrollläden an den Fenstern einer Wohnung kann sich auf den optischen und ästhetischen Gesamteindruck eines Gebäudes negativ auswirken und damit einen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil darstellen.
Unter einer baulichen Veränderung ist nicht nur eine Veränderung vorhandener Gebäudeteile, sondern jede auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums zu verstehen, wenn sie über eine ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung hinausgeht. Zwar mag das Anbringen von Außenrollläden in Obergeschosswohnungen von vielen Eigentümern aus Sicherheits-, Verdunklungs- und Wärmehaltungsgründen als wünschenswert angesehen werden, gleichwohl ist eine solche Maßnahme weder allgemein üblich noch führt sie zu einer solchen Verbesserung der Wohnqualität, dass sie als modernisierende Instandsetzung anerkannt werden könnte.
In der Rechtsprechung wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass bauliche Veränderungen, die das architektonische Bild verändern, auch dann der Zustimmung aller Eigentümer bedürfen, wenn sie möglicherweise den optischen Eindruck des Bauwerks verbessern oder wenn die Veränderungen nach Auffassung des Tatrichters als nicht störend oder gar als architektonisch und ästhetisch geglückt zu bezeichnen sind (vgl. OLG Zweibrücken, NJW-RR 1987, 1358; ZMR 1989, 228). Demgegenüber hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung fest, nach der in der bloßen Veränderung des optischen Bildes eines Gebäudes, wenn dieses sich in keiner Weise negativ auswirkt, noch kein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG liegt.
2. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind im Übrigen für das Rechtsbeschwerdegericht bindend. Das Landgericht hatte an Ort und Stelle einen Augenschein durchgeführt und sich dabei ein Bild davon gemacht, ob und wie sich durch das Anbringen der Außenrollläden die äußere Gestalt des Gebäudes verändert habe und ob sich die Änderung auf den optischen Gesamteindruck nachteilig ausgewirkt habe. Unter Nachteil sei nicht jede ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Ob das Anbringen von Außenrollläden zu einer solchen Beeinträchtigung führe, sei eine Frage des Einzelfalls. Die Entscheidung dieser sicher oft im Grenzbereich liegenden Frage ist in erster Linie (möglichst aufgrund eines Augenscheins) Sache des Tatrichters.
3. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 WEG ist es auch für die Frage der Zustimmung aller Eigentümer unerheblich, ob und welche Vorteile ein Wohnungseigentümer durch die von ihm vorgenommene bauliche Veränderung hat. Es kann nicht gegeneinander abgewogen werden, welche Interessen der Antragsteller an der Beseitigung der Rollläden und welche Interessen die Antragsgegner an ihrer Erhaltung haben.
4. Für eine Schikane im Sinne des § 226 BGB gab es im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte. Der Antragsteller habe nicht nur das Ziel gehabt, den Antragsgegnern Schaden zuzufügen. Auch eine sonstige unzulässige Rechtsausübung (etwa ein widersprüchliches Verhalten oder eine Verwirkung) lägen nicht vor. Den Antragsgegnern war beim Erwerb ihrer Wohnungen bekannt, dass die Fenster keine Außenrollläden besaßen; damit haben sie die nunmehr geltend gemachten Erschwernisse in Kauf genommen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 14.03.1991, BReg 2 Z 168/90)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung