Leitsatz
Die Mutter eines im Jahre 2000 geborenen Kindes wurde von dem Vater, bei dem das Kind lebte, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Nach der Scheidung von dem Kindesvater war sie eine neue Verbindung eingegangen, aus der ein weiteres Kind hervorgegangen war.
Erstinstanzlich wurde sie zur Zahlung von Kindesunterhalt für das Kind aus der geschiedenen Ehe verurteilt.
Sie beantragte, ihr für die beabsichtigte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil Prozesskostenhilfe zu gewähren, die ihr mangels Erfolgsaussicht versagt wurde.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach die Kindesmutter verpflichtet war, für das im Januar 2000 geborene minderjährige Kind aus ihrer geschiedenen Ehe ab April 2004 Kindesunterhalt zu zahlen. Zutreffend habe das erstinstanzliche Gericht bei ihr ein Gesamteinkommen von monatlich 631,00 EUR errechnet. Die Beklagte müsse sich das Erziehungsgeld für ihr zweites, am 22.8.2003 geborenes Kind, als Einkommen anrechnen lassen. Im Übrigen sei ihr ein fiktives Erwerbseinkommen i.H.v. monatlich 324,00 EUR zuzurechnen. Diesen Betrag hätte sie durch eine Nebentätigkeit verdienen können und müssen. Das gemeinsame Kind der Parteien aus der geschiedenen Ehe habe den gleichen Rang wie das zweite Kind der Beklagten aus der neuen Verbindung. Es sei ihr somit verwehrt, sich in der Haushaltsgemeinschaft mit dem neuen Lebensgefährten allein auf die Sorge für das zweite Kind und den neuen Haushalt zu beschränken. Vielmehr sei sie im Hinblick auf ihre Unterhaltsverpflichtung auch gegenüber dem Kind aus der geschiedenen Ehe berechtigt und verpflichtet, jedenfalls im geringen Umfang erwerbstätig zu sein (BGH v. 21.2.2001 - XII ZR 308/98, MDR 2001, 815 = BGHReport 2001, 379 m. Anm. Börger = NJW 2001, 1488 [1489]). Die Beklagte habe nicht einmal den Versuch unternommen, eine Nebentätigkeit zu finden. Im Übrigen habe sie auch von ihrem neuen Lebensgefährten, dem Vater ihres zweiten Kindes, erwarten und verlangen können, dass er teilweise die Betreuung des gemeinsamen kleinen Kindes übernimmt, um ihr die geringfügige Erwerbstätigkeit zur Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht aus der geschiedenen Ehe zu ermöglichen.
Hinzu komme, dass auch der Vater des nichtehelichen Kindes gem. § 1684 Abs. 1 BGB die rechtliche Pflicht zum regelmäßigen Umgang mit dem Kind habe. Im Rahmen dieser Pflicht müsse er das Kind auch betreuen und versorgen.
Hinweis
An dieser Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen OLG zeigt sich deutlich, dass die Rechtsprechung der Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse Rechnung trägt, wonach es immer mehr nichteheliche Lebensgemeinschaften gibt. In zunehmendem Maße werden diese vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung den Verhältnissen bei bestehender Ehe gleichgesetzt.
Waren solche Verbindungen früher mangels gesetzlicher Grundlage eher unverbindlich und wurden auch als solche angesehen, gilt dieses heute nicht mehr. Die Rechtstellung nicht miteinander verheirateter Eltern ist aufgrund der Kindschaftsrechtsreform durch beiderseitige Rechte und hiermit korrespondierenden Pflichten geprägt.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 09.03.2006, 13 UF 25/05