Rz. 1
§ 1 Abs. 1 beschreibt den sachlichen Anwendungsbereich des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG): Das Gesetz regelt die Zahlung von Arbeitsentgelt an gesetzlichen Feiertagen sowie die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeitnehmer sowie die wirtschaftliche Sicherung im Bereich der Heimarbeit im Fall von Krankheit und für gesetzliche Feiertage. In § 1 Abs. 2 ist der persönliche Anwendungsbereich definiert, der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) sowie die zur Berufsbildung Beschäftigten umfasst.
Durch das EFZG wurde erstmals eine bundesweit einheitliche Regelung der Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfall geschaffen und die bis dahin geltenden Vorschriften (z. B. § 616 Abs. 2, 3 BGB; §§ 1-8 LFZG, § 133 c GewO, §§ 115a-115e AGB-DDR im Beitrittsgebiet) in einem Gesetz zusammengefasst. Hintergrund dieser Reformierung waren insbesondere die bis dahin bestehende und vor dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung problematische Ungleichbehandlung bestimmter Arbeitnehmergruppen, vor allen Dingen der Gruppen der Arbeiter und Angestellten und die Notwendigkeit der Angleichung der Rechtslage in den alten und den neuen Bundesländern sowie europarechtliche Vorgaben zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Arbeitsentgelts (mittelbare Diskriminierung). Ziel des Gesetzgebers war es, durch die Neuregelung mehr Transparenz, Rechtssicherheit und Praktikabilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erreichen.
Rz. 2
Das EFZG hat seit seinem Inkrafttreten 1994 in den vergangenen Jahren dreimal eine wesentliche Änderung erfahren. Durch das "Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz" vom 25.9.1996 wurde u. a. der gesetzliche Entgeltfortzahlungsanspruch der Arbeitnehmer von 100 % auf 80 % des dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts abgesenkt (§ 4), eine vierwöchige Wartezeit (§ 3) und die Möglichkeit der Anrechnung von Arbeitsunfähigkeitszeiten auf den Erholungsurlaub (§ 4a) sowie die Möglichkeit der Kürzung von Sonderzuwendungen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten (§ 4b) eingeführt. Infolge des 1998 erfolgten Regierungswechsels (SPD und Bündnis 90/Die Grünen) wurde das EFZG durch das "Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte" vom 19.10.1998 erneut geändert. Das Korrekturgesetz stellte u. a. in Bezug auf die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts die Rechtslage von 1994 wieder her, die Regelung des § 4a EFZG entfiel, der bisherige § 4b EFZG (Kürzung von Sonderzuwendungen) wurde zu § 4a EFZG. Mit Wirkung vom 1.8.2012 wurde durch Gesetz vom 21.7.2012 § 3a EFZG eingeführt – diese Vorschrift regelt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Spende von Organen oder Geweben. Die Regelung wurde zuletzt (Überschrift, Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1-4) geändert mit Wirkung vom 23.7.2015 (durch Artikel 7 GKV-Versorgungsstärkungsgesetz v. 16.7.2015, BGBl. I S. 1211). Ein Arbeitnehmer hat hiernach nicht nur einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er an der Erbringung der Arbeitsleistung durch Arbeitsunfähigkeit infolge einer Spende von Organen oder Geweben gehindert ist, sondern auch bei einer Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen i. S. v. § 9 Transfusionsgesetz.
Zum 1.1.2023 ist für gesetzlich Krankenversicherte eine erhebliche Änderung hinsichtlich der Dokumentation der Arbeitsunfähigkeit in Kraft getreten. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt den bisherigen in Papierform zu übermittelnden "gelben Schein". Grundlage für die entsprechende Änderung ist das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz, welches auch die entsprechende Datenübertragung regelt. Hiernach trat in § 5 Abs. 1a EFZG n. F. eine Feststellungspflicht an die Stelle der bisherigen Nachweispflicht.