Rz. 96
Die folgenden Einzelfälle sind zu beachten:
Für die Qualifizierung einer Leistung als – fortzuzahlendes – Arbeitsentgelt oder als Aufwendungsersatz i. S. d. § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG kommt es nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern auf den objektiven Zweck und die inhaltliche Ausgestaltung der Leistung an.
3.2.2.1 Aktienoptionspläne
Rz. 97
Leistungen aus einem Aktienoptionsplan, den ein Dritter (insbesondere die Konzernmutter) dem Arbeitnehmer zugesagt hat, gehören grds. nicht zum Arbeitsentgelt und verändern nicht den Geldfaktor.
3.2.2.2 Auslösungen
Rz. 98
Die Auslösung ist ein besonderer Ausgleich für die Mehraufwendungen, die dem Arbeitnehmer dadurch entstehen, dass er ständig oder vorübergehend außerhalb des eigentlichen Betriebssitzes auf einer auswärtigen Arbeitsstelle beschäftigt wird. Ein Anspruch auf eine Auslösung kann auf einzelvertraglicher Basis gegeben sein; in der Regel jedoch ergibt sich ein solcher aus einem Tarifvertrag. Ein bekanntes Beispiel, das auch die Rechtsprechung mehrfach beschäftigte, ist der sog. Bundestarifvertrag für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter (BMTV). Wie in vielen Tarifverträgen, wird auch im BMTV unterschieden zwischen der bei Nahmontagen geltenden sog. "Nahauslösung", die dann gezahlt wird, wenn dem Arbeitnehmer die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt zumutbar ist (vgl. § 4 Ziff. 4.1 BMTV: bis 80 km Entfernung), und der bei Fernmontagen zu zahlenden "Fernauslösung". Hier ist ein auswärtiges Übernachten des Arbeitnehmers erforderlich, weil ihm die tägliche Rückkehr zum Ausgangspunkt nicht zumutbar ist.
Ob eine Auslösung zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehört, ist oft in den einschlägigen Tarifverträgen geregelt. Im Bereich des BMTV etwa wird die Nah- wie die Fernauslösung als Pauschalerstattung gewährt, die den arbeitstäglichen Mehraufwand bei auswärtigen Montagearbeiten im Nahbereich bzw. die Mehraufwendungen am Montageort abdeckt. Nach dem BMTV sind deshalb weder die Nah- noch die Fernauslösung – fortzuzahlendes – Arbeitsentgelt. Jedoch statuiert § 6 Ziff. 6.2.11 BMTV für die Fernauslösung gleichwohl unter gewissen Voraussetzungen eine Fortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit.
Regelt der einschlägige Arbeits- oder Tarifvertrag die Frage der Entgeltfortzahlung im Hinblick auf Auslösungen nicht, so ist die Frage, ob eine Auslösung zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehört, danach zu entscheiden, ob sie einen echten Mehraufwand infolge der auswärtigen Beschäftigung ausgleichen soll oder ob sie unabhängig vom Nachweis tatsächlich entstandener Aufwendungen pauschal gewährt wird und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit einer Verbesserung seines Lebensstandards eröffnen soll.
Rz. 99
Grundsätzlich gilt, dass Nahauslösungen normalerweise zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehören, weil hier i. d. R. davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer jeden Tag zum Wohnort zurückkehren kann und es sich deshalb um eine Zusatzleistung des Arbeitgebers für die Übernahme bestimmter Arbeit außerhalb des Beschäftigungsorts handelt, die nicht durch konkreten Mehraufwand bedingt ist. Ein Indiz dafür, dass es sich bei der Nahauslösung im so verstandenen Sinne um eine (fortzuzahlende) Funktionszulage handelt, kann darin liegen, dass der einschlägige Tarifvertrag diese Leistung als Entgelt bezeichnet und diese Leistung der Lohnsteuer unterliegt.
Rz. 100
Demgegenüber sind Fernauslösungen – gezahlt in Fällen, in denen der Arbeitnehmer wegen der Entfernung der Arbeitsstelle vom Wohnort nicht täglich zurückkehren kann – regelmäßig Aufwendungsersatz, weil der Arbeitnehmer in der Regel übernachten und sich verpflegen muss. Hier entstehen diese Aufwendungen einem erkrankten und deshalb zu Hause bleibenden Arbeitnehmer nicht. Fortzuzahlen ist eine Fernauslösung hingegen dann, wenn der Arbeitnehmer am Montageort erkrankt ist und nicht nach Hause gelangen kann; hier entstehen ihm – wie auch im Falle von Arbeitsfähigkeit – Aufwendungen.