Rz. 20
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, wenn der Arbeitnehmer den Übergang eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Dritten auf den Arbeitgeber (§ 6 EFZG) verhindert. Das Leistungsverweigerungsrecht soll den Arbeitgeber vor einer Vermögenseinbuße infolge von Verfügungen des Arbeitnehmers über einen Schadensersatzanspruch gegenüber einem Dritten wegen Verdienstausfalls in der Zeit zwischen dem schädigenden Ereignis und der Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers bewahren. Dieser Schutz des Arbeitgebers ist notwendig, weil der Arbeitnehmer nach Schadenseintritt (z. B. Arbeitsunfähigkeit durch Unfall) Inhaber seines Schadensersatzanspruchs wegen Verdienstausfalls gegenüber dem Schädiger ist und bleibt und ein Anspruchsübergang auf den Arbeitgeber nach § 6 EFZG erst eintritt, wenn dieser an den Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit leistet.
2.2.1 Verhinderung des Anspruchsübergangs auf den Arbeitgeber
Rz. 21
Voraussetzung für das Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG ist eine Verfügung des Arbeitnehmers über den Schadensersatzanspruch gegenüber einem Dritten zulasten des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer verhindert den Anspruchsübergang i. S. d. § 6 EFZG auf den Arbeitgeber, wenn er z. B. auf den Schadensersatzanspruch verzichtet (§ 397 BGB), ihn an eine andere Person abtritt (§ 398 BGB) oder einen Vergleich (§ 779 BGB) z. B. mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers abschließt.
Rz. 22
Das Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers besteht zudem, wenn der Arbeitnehmer zwar nicht über den Schadensersatzanspruch als solchen verfügt und dadurch rechtlich den Anspruchsübergang vereitelt, sondern durch sein Verhalten die Geltendmachung/Durchsetzung der Ansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Schädiger und somit deren tatsächliche Realisierung verhindert, z. B. indem er die erforderlichen Angaben über die Person des Schädigers gem. § 6 Abs. 2 EFZG verweigert.
2.2.2 Umfang des Leistungsverweigerungsrechts
Rz. 23
Verfügt der Arbeitnehmer über den Schadensersatzanspruch, hat der Arbeitgeber ein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG. Soweit er an den Arbeitnehmer bereits Entgeltfortzahlung geleistet hat, kann er gem. § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB von dem Arbeitnehmer Rückzahlung verlangen. Eine Rückforderung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber wusste, dass er zur Entgeltfortzahlung wegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG nicht verpflichtet war (§ 814 BGB).
Rz. 24
Das endgültige Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG ist durch die Höhe des Schadens begrenzt, die der Arbeitgeber durch die Verfügung des Arbeitnehmers oder Verletzung der Pflicht aus § 6 Abs. 2 EFZG erleidet. Verfügt der Arbeitnehmer nur teilweise über den Schadensersatzanspruch oder trifft ihn ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens mit der Folge, dass sich der Schadensersatzanspruch reduziert (§ 254 BGB), steht dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG auch nur in dem Umfang zu, in dem der Arbeitnehmer den Anspruchsübergang verhindert hat. Der Arbeitgeber soll keinen unnötigen Schaden erleiden, sich aber auch nicht auf Kosten des Arbeitnehmers bereichern.
Rz. 25
Erfüllt der Arbeitnehmer seine Pflichten aus § 6 Abs. 2 EFZG verspätet, handelt es sich bei dem Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG nur um ein vorläufiges. Eine Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen ist bei einem vorläufigen Leistungsverweigerungsrecht ausgeschlossen; § 813 BGB ist nicht einschlägig.