Leitsatz

a) Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung (hier: Wohnhaus) geschaffen wurde, dessen Alleineigentümer der andere Partner ist, nicht nur gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche, sondern auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB) sowie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Urteile v. 6.10.2003, II ZR 63/02, FamRZ 2004, 94 und v. 8.7.1996, II ZR 193/95, NJW-RR 1996,1473 f.).

b) Zur Abgrenzung von gemeinschaftsbezogener Zuwendung und Schenkung unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 313, 530 Abs. 1, § 531 Abs. 2, § 730 ff., § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2

 

Kommentar

Die Parteien – die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenlebten – errichteten im Jahr 1999 auf einem der Frau gehörenden Grundstück ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung zur Eigennutzung. Bei der Errichtung des Hauses half der Mann mit Eigen- und Finanzleistungen. Im Jahr 2003 ging die Gemeinschaft in die Brüche. Der Mann zog aus dem Haus aus. Er verlangt von der Frau Erstattung der von ihm aufgewendeten finanziellen Mittel und einen Ausgleich für die eigenen Arbeitsleistungen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH wurden gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht ausgeglichen (BGH, Urteil v. 6.10.2003, II ZR 63/02, NJW 2004, 58; BGH, Urteil v. 8.7.1996, II ZR 193/95, NJW-RR 1996, 1473). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass die nichteheliche Gemeinschaft keine Rechtsgemeinschaft darstellt, sodass die wechselseitigen Zuwendungen allein aufgrund der persönlichen Beziehungen erbracht werden. Eine Ausnahme wurde angenommen, wenn sich die Partner zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammenschließen; in diesem Fall können die Partner bei Beendigung der Gemeinschaft gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche geltend machen (§§ 730 ff. BGB). Ein solcher Gesellschaftsvertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Partner gemeinsames Vermögen bilden wollen. In dem vorliegenden Fall scheiterte die Annahme einer GbR an dem Umstand, dass die Frau alleinige Eigentümerin des Hauses war; hierin kommt zum Ausdruck, dass der Mann keine Rechte an dem Vermögensgegenstand haben sollte.

Ausgleichsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) und Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) hat der BGH bislang verneint (BGH, Urteil v. 8.7.1996, II ZR 340/95, NJW 1996, 2727; BGH, Urteil v. 8.7.1996, II ZR 193/95, NJW-RR 1996, 1473; BGH, Urteil v. 25.9.1997, II ZR 269/96, NJW 1997, 3371). An dieser Rechtsprechung hält der XII. Senat nicht fest. Nach seiner Meinung ist "bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, im Einzelfall zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist".

Nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB besteht eine Pflicht zur Herausgabe der Zuwendung, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eintritt. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn ein Partner eine Zuwendung zum Erwerb eines Vermögensgegenstands erbringt und dabei erwartet, dass er an dem Gegenstand langfristig partizipieren kann.

Bestehen keine Bereicherungsansprüche, so kann ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht kommen. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung in der Erwartung erfolgt, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben wird. Der Ausgleichsanspruch hängt in diesem Fall im Wesentlichen von zwei Voraussetzungen ab: Es muss sich zum einen um erhebliche und außergewöhnliche Zuwendungen handeln; die den Rahmen des täglichen Zusammenlebens erbrachten Zuwendungen scheiden aus. Die Zuwendung muss zum anderen zu einem messbaren und noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Teils geführt haben.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 179/05BGH, Urteil v. 9.7.2008, XII ZR 179/05, NZM 2008, 694

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