Leitsatz

In der Entscheidung des BGH ging es im Wesentlichen um die Frage, ob auch zwischen ehemaligen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung besteht, wenn einer der Partner nach der Trennung die im Alleineigentum des anderen stehende Wohnung bewohnt. Ferner ging es darum, ob Herausgabe der Wohnung verlangt werden kann.

 

Sachverhalt

Die Parteien bewohnten von spätestens 1987 bis Anfang 2001 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft die Wohnung der Klägerin im 1. OG ihres Hauses. In dieser Zeit führte der Beklagte an dem Haus Renovierungsarbeiten durch. Die Räumlichkeiten im EG und im 2. OG waren nicht vermietet.

Wegen einer Demenzerkrankung wurde für die Klägerin im Februar 2000 eine Rechtsanwältin zu ihrer Betreuerin bestellt, die die Aufgabenbereiche "Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Bestimmung des Aufenthalts" übernahm. Im August 2000 wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Seit Februar 2001 lebt die Klägerin dauerhaft in einem Pflegeheim. Der Beklagte bewohnte ihr Haus seither alleine und zahlte keine Nutzungsentschädigung. Die durch ihre Betreuerin vertretene Klägerin verlangte Herausgabe der Wohnung und Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von März 2001 bis September 2005.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG den Beklagten zur Herausgabe des Hausanwesens sowie zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit von März 2001 bis September 2005 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebte der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Sein Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BGH hielt das Herausgabeverlangen der wirksam durch ihre Betreuerin vertretenen Klägerin gemäß § 985 BGB für begründet. Der Beklagte habe kein Recht zum Besitz. Ein solches ergebe sich weder aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Leihvertrag noch aus einer sonstigen vertraglichen Regelung der Parteien. Ein Recht zum Besitz ergebe sich auch nicht aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Ein Besitzrecht könne grundsätzlich aus einer Vereinbarung abgeleitet werden, die auch zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zustande kommen könne. Hierfür müssten jedoch besondere Anhaltspunkte vorliegen, an denen es im vorliegenden Fall fehle.

Der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung ergebe sich aus §§ 987, 990 BGB. Dem Verlangen nach Nutzungsentschädigung stehe die nichteheliche Lebensgemeinschaft auch dann nicht entgegen, wenn man davon ausgehe, dass diese Lebensgemeinschaft den Umzug der Klägerin in das Pflegeheim überdauert habe. Zwar könnten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft persönliche wie wirtschaftliche Leistungen, die ein Partner für den anderen erbracht habe, diesem nicht ohne besondere Abrede in Rechnung gestellt werden, da Gemeinschaften dieser Art - ähnlich wie in einer Ehe - die Vorstellung grundsätzlich fremd sei, für Leistungen im gemeinsamen Interesse könnten ohne zusätzliche Vereinbarung Entgelt oder Entschädigung verlangt werden (BGH, Urt. v. 31.10.2007 - XII ZR 261/04, FamRZ 2008, 247, 249). Diese Grundsätze könnten indes dort nicht gelten, wo die nichteheliche Lebensgemeinschaft - unbeschadet ihres Fortbestandes als eine durch innere Bindungen ausgezeichnete Einstehensgemeinschaft - kein gemeinsames Wirtschaften einschließe, wo persönliche und wirtschaftliche Leistungen von den Partnern also nicht mehr wechselseitig und nach dem jeweiligen gemeinsamen Bedarf erbracht würden. So lagen die Dinge nach Auffassung des BGH im vorliegenden Fall: Mit dem Umzug der Klägerin in das Pflegeheim sei das gemeinsame Wirtschaften der Parteien im Sinne eines wechselseitigen Gebens und Nehmens auf tatsächlicher Grundlage beendet gewesen. Auch sei die nunmehr geforderte Nutzungsentschädigung kein Entgelt für eine Leistung, welche die Klägerin im gemeinsamen Interesse an den Beklagten erbracht habe. Es gehe vielmehr um den Ausgleich von Vorteilen, die der Beklagte gegen den Willen der von ihrer Betreuerin vertretenen Klägerin aus dem Hausanwesen gezogen habe. Für den Einbehalt dieser Vorteile durch den Beklagten biete die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Parteien auch dann keine Grundlage, wenn sie auch ohne das räumliche Zusammenleben der Parteien fortbestehen sollte.

 

Hinweis

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Notwendigkeit, auch - oder gerade - im Falle nichtehelicher Lebensgemeinschaft älterer Menschen zum Schutz des wirtschaftlich Schwächeren eine vertragliche Vereinbarung zu treffen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 30.04.2008, XII ZR 110/06

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