I. Lücken aus der Nichteinbeziehung von AGB
Rz. 7
Die Vorschrift gilt, wenn ein ganzes Klauselwerk nicht einbezogen ist.
Rz. 8
Eine solche Einbeziehung kann an § 305 Abs. 2 BGB scheitern oder auch daran, dass die Vereinbarung über die Einbeziehung formnichtig ist. Die Unwirksamkeit der Einbeziehung kann auch auf Kartellrecht beruhen. In Betracht kommt ferner ein versteckter Dissens, etwa zwei sich kreuzende Schreiben, welche unterschiedliche AGB in den Vertrag einbeziehen wollen.
Rz. 9
Die Vereinbarung über die Einbeziehung kann auch nach §§ 123, 119 BGB erfolgreich angefochten sein. Teile der Literatur wollen freilich § 139 BGB mit der Folge der Gesamtnichtigkeit des Vertrags anwenden, wenn der Anfechtungsgrund nicht in der Sphäre des Verwenders liegt. § 123 BGB kommt in Betracht, wenn der Kunde über den Inhalt der AGB arglistig getäuscht worden ist. § 119 BGB kommt in Betracht, wenn eine Vertragspartei darüber geirrt hat, dass überhaupt AGB einbezogen werden, oder wenn der Kunde keine Kenntnis von einer kürzlichen Änderung der ihm ansonsten schon länger bekannten AGB gehabt hat. Im letzteren Fall kann nur die Einbeziehung der neuen Klauseln angefochten werden. Dies ist allerdings etwas anderes als eine überraschende Klausel in AGB.
Rz. 10
Davon zu trennen ist die Situation, die eintritt, wenn der Vertrag insgesamt nichtig oder insgesamt wirksam angefochten ist. In die Beurteilung, ob ein Formularvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, sind die aufgrund der Inhaltskontrolle unwirksamen Abreden einzubeziehen.
Rz. 11
Logischerweise kommt die Vorschrift nicht in Betracht, wenn die AGB deshalb nicht in den Vertrag einbezogen sind, weil individuelle Vereinbarungen gemäß § 305b BGB vorgehen. Dann entsteht keine Lücke, denn dieser Fall ist in § 305b BGB geregelt.
II. Nichteinbeziehung einzelner Klauseln
Rz. 12
Dieser Fall kann insbesondere eintreten, wenn die Klausel der Inhaltskontrolle nach §§ 307–309 BGB nicht standhält (Hauptanwendungsfall), auch unter dem Aspekt fehlender Transparenz.
Die Nichteinbeziehung kann auch darauf beruhen, dass die einzelne Klausel gegen Vorschriften zwingenden Rechts verstößt, etwa gegen §§ 38, 39 ZPO, gegen §§ 651h Abs. 2 und 651k BGB, gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB). Auch ein Verstoß gegen Unionsrecht kommt in Betracht.
Rz. 13
Die Unwirksamkeit von AGB erfasst den Individualvertrag grundsätzlich nicht. Anders kann dies wegen § 139 BGB hinsichtlich einzelner Bestimmungen des Individualvertrags sein, wenn diese dergestalt von der unwirksamen formularmäßigen Klausel abhängen, dass die Unwirksamkeit der letzteren zwangsläufig auch die Unwirksamkeit der ersteren zur Folge hat.