I. Regelfall: Keine geltungserhaltende Reduktion
Rz. 14
Die Lücke kann in der Regel nicht durch eine sog. geltungserhaltende Reduktion vermieden werden, also dadurch, dass das Gericht den Inhalt der Klausel auf den gerade noch zulässigen Umfang reduziert. Dies gilt insbesondere auch für Fristen, die Gegenstand von AGB sind. Dieser Grundsatz ist in der Rechtsprechung vielfach statuiert worden. Er gilt auch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr und für das Arbeitsrecht. Die Gründe hierfür werden in BGHZ 84, 109, 116 klar ausgesprochen: Das Gericht müsste zugunsten des Verwenders, der insoweit kein Risiko trüge, die günstigste, aber gerade noch zulässige Klausel ermitteln; der Kunde würde hingegen den Umfang seiner Rechte und Pflichten erst in einem Prozess zuverlässig erfahren, obwohl nach dem Gesetzeszweck der Rechtsverkehr von unwirksamen AGB freigehalten werden soll.
Rz. 15
Ebenso wenig ist anstelle der geltungserhaltenden Reduktion eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig. Diese kommt vielmehr nur in Betracht, wenn bei eintretender Unwirksamkeit der genannten Klausel dispositives Gesetzesrecht nicht zur Verfügung steht (siehe unten Rdn 39 ff.).
II. Ausnahme: abtrennbare Klauselteile
Rz. 16
Eine Ausnahme gilt für sachlich und sprachlich abtrennbare Teile der Klausel, wenn diese sich nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen unzulässigen und in einen inhaltlich zulässigen Regelungsteil trennen lässt.
1. Trennung, keine Umformulierung
Rz. 17
Die Reduktion muss aber dergestalt geschehen, dass einzelne Teile der Klausel weggelassen werden. Unzulässig ist eine Reduktion durch Umformulierung, wenn auch nur in geringem Umfang.
Rz. 18
Hiervon wiederum macht der Bundesgerichtshof eine Ausnahme, wenn die Aufrechterhaltung des Vertrags nach Wegfall der unbilligen Abreden dem beiderseitigen Interesse entspricht. Dies gilt insbesondere für Sicherungsabreden und dabei für die Reduktion der gesicherten Forderungen auf diejenigen, die bei Abschluss der Sicherungsvereinbarung bestehen. Dieses Ergebnis entspricht in der Regel dem beiderseitigen Interesse, denn es deckt sich mit den Vorstellungen des Kunden bei Abgabe seiner Willenserklärung. Zudem ist dem Verwender eine Sicherheit für zumindest einen Teil seiner Forderungen lieber als gar keine.
2. Verständlicher und sinnvoller Klauselrest
Rz. 19
Es muss aber ein Klauselrest verbleiben, der aus sich heraus verständlich ist und für sich allein eine sinnvolle Regelung enthält. Nicht mehr sinnvoll ist etwa eine Zinsklausel, bei der die Worte gestrichen werden sollen, die den Beginn der Zinspflicht definieren. Ebenso wenig sinnvoll ist die Streichung eines Hinweises auf den "durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz", wenn der Rest der Klausel zur Geltung eines Festzinses führen würde, obwohl die Parteien wirksam einen variablen Zins vereinbart haben.
Rz. 20
Die geltungserhaltende Reduktion scheidet auch dann aus, wenn der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass bei dessen Streichung von einer gänzlich neuen Vertragsgestaltung gesprochen werden müsste.
3. Beispiele
Rz. 21
Eine sinnvolle Restklausel kommt etwa in Betracht, wenn eine Klausel mehrere Kündigungs- oder Rücktrittsgründe zusammenfasst und sie nur bei einigen von ihnen unwirksam ist. Die Rechtsprechung hat sinnvolle Restklauseln etwa angenommen, wenn gleichzeitig Folgendes geregelt war: Rückforderung von Darlehen bei ganzem oder teilweisem Verzug mit zwei Monatsraten; Zuweisung der Verlustgefahr und Rechtsfolgen aus dem Verlust der Leasingsache; Beginn und Länge einer Frist; Haftung einer Grundschuld auf den ideellen Miteigentums-Hälfteanteilen eines Ehepaares an einem Grundstück für die jeweils eigenen Verbindlichkeiten und die des jeweils anderen Ehegatten; Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts und der Aufrechnung; Ausführung von Schönheits- und anderen Reparaturen durch den Mieter; Vollmacht zur Abgabe und zum Empfang von Willenserklärungen; Kündigungsrecht für den Leasingnehmer bei Beschädigung und Ab...