Niebling, AnwaltKommentar AGB-Recht, BGB § 306 Rechtsfol ... / II. Ausnahme: abtrennbare Klauselteile

Rz. 16

Eine Ausnahme gilt für sachlich und sprachlich abtrennbare Teile der Klausel, wenn diese sich nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen unzulässigen und in einen inhaltlich zulässigen Regelungsteil trennen lässt.^[32]

[32] Grundlegend BGH NJW 1984, 2816, 2817; ferner etwa BGH NJW 1997, 3437, 3439; BGH NJW 2001, 292, 294; BGH NJW 2006, 996 Rn 32; BGH NJW 2006, 1059 Rn 22.

1. Trennung, keine Umformulierung

Rz. 17

Die Reduktion muss aber dergestalt geschehen, dass einzelne Teile der Klausel weggelassen werden. Unzulässig ist eine Reduktion durch Umformulierung, wenn auch nur in geringem Umfang.

Rz. 18

Hiervon wiederum macht der Bundesgerichtshof eine Ausnahme, wenn die Aufrechterhaltung des Vertrags nach Wegfall der unbilligen Abreden dem beiderseitigen Interesse entspricht. Dies gilt insbesondere für Sicherungsabreden und dabei für die Reduktion der gesicherten Forderungen auf diejenigen, die bei Abschluss der Sicherungsvereinbarung bestehen.^[33] Dieses Ergebnis entspricht in der Regel dem beiderseitigen Interesse, denn es deckt sich mit den Vorstellungen des Kunden bei Abgabe seiner Willenserklärung.^[34] Zudem ist dem Verwender eine Sicherheit für zumindest einen Teil seiner Forderungen lieber als gar keine.

[33] Sog. Anlass-Rechtsprechung: BGHZ 109, 197, 201; BGHZ 131, 55, 60 zur Grundschuld; BGHZ 130, 19, 35 f. zur Bürgschaft; BGHZ 137, 153, 157 f. ebenso auch aufgrund ergänzender Vertragsauslegung.

[34] BGHZ 130, 19, 35 f.

2. Verständlicher und sinnvoller Klauselrest

Rz. 19

Es muss aber ein Klauselrest verbleiben, der aus sich heraus verständlich ist und für sich allein eine sinnvolle Regelung enthält.^[35] Nicht mehr sinnvoll ist etwa eine Zinsklausel, bei der die Worte gestrichen werden sollen, die den Beginn der Zinspflicht definieren.^[36] Ebenso wenig sinnvoll ist die Streichung eines Hinweises auf den "durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz", wenn der Rest der Klausel zur Geltung eines Festzinses führen würde, obwohl die Parteien wirksam einen variablen Zins vereinbart haben.^[37]

Rz. 20

Die geltungserhaltende Reduktion scheidet auch dann aus, wenn der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass bei dessen Streichung von einer gänzlich neuen Vertragsgestaltung gesprochen werden müsste.^[38]

[35] Zu Letzterem BGH NJW 1994, 1532, 1533.

[36] BGH NJW 1994, 1532, 1533.

[37] BGH NJW 2008, 3422.

[38] BGH NJW 1984, 2816; BGHZ 107, 185, 191; BGH NJW 1992, 896, 897; doch ist in keinem dieser Fälle die Gesamtnichtigkeit angenommen worden.

3. Beispiele

Rz. 21

Eine sinnvolle Restklausel kommt etwa in Betracht, wenn eine Klausel mehrere Kündigungs- oder Rücktrittsgründe zusammenfasst und sie nur bei einigen von ihnen unwirksam ist. Die Rechtsprechung hat sinnvolle Restklauseln etwa angenommen, wenn gleichzeitig Folgendes geregelt war: Rückforderung von Darlehen bei ganzem oder teilweisem Verzug mit zwei Monatsraten;^[39] Zuweisung der Verlustgefahr und Rechtsfolgen aus dem Verlust der Leasingsache;^[40] Beginn und Länge einer Frist;^[41] Haftung einer Grundschuld auf den ideellen Miteigentums-Hälfteanteilen eines Ehepaares an einem Grundstück für die jeweils eigenen Verbindlichkeiten und die des jeweils anderen Ehegatten;^[42] Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts und der Aufrechnung;^[43] Ausführung von Schönheits- und anderen Reparaturen durch den Mieter;^[44] Vollmacht zur Abgabe und zum Empfang von Willenserklärungen;^[45] Kündigungsrecht für den Leasingnehmer bei Beschädigung und Abhandenkommen der Leasingsache;^[46] Nichteinhaltung von verschiedenen Ausführungsfristen beim Bau;^[47] Fälligkeit des Kaufpreises bei Übergabe der Kaufsache, spätestens aber acht Tage nach Zugang der schriftlichen Bereitstellungsanzeige;^[48] Überbürdung verschiedener Kosten auf den Mieter;^[49] Intransparenz nur eines eingeklammerten Zusatzes zur Klausel;^[50] Aufteilung einer Zinsänderungsklausel in eine kontrollfreie, wirksame Vereinbarung von Zinsvariabilität und eine der Inhaltskontrolle unterliegende, unwirksame Bestimmung über die Art und Weise der Zinsanpassung.^[51]

Rz. 22

Abgelehnt wurde die geltungserhaltende Reduktion, wo eine Farbwahlklausel hinsichtlich der Schönheitsreparaturen unwirksam war, weil sie sich nicht auf den Anstrich bei Rückgabe der Mietsache beschränkte. Dieser Mangel beeinträchtigt die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt, führt also zur Gesamtnichtigkeit der Klausel, die die Schönheitsreparaturen betrifft.^[52]

[39] Letzteres unwirksam: BGH NJW 1986, 46, 48 sub III 2 b.

[40] Letztere Regelung unwirksam: BGH NJW 1988, 198, 200.

[41] Bezüglich des Fristbeginns unwirksam, da Ereignis für den Kunden nicht ersichtlich: BGH NJW 1988, 2106.

[42] Aufrechterhalten für die jeweils eigenen Verbindlichkeiten: BGHZ 106, 19.

[43] Letzterer wirksam im kaufmännischen Verkehr auch bei bestrittener Gegenforderung, Ersterer offen: BGH NJW 1989, 3215.

[44] Letzteres unwirksam, insb. mangels Höchstgrenze: BayObLG NJW-RR 1997, 1371.

[45] Nur Letztere Gegenstand der Prüfung im konkreten Fall; BGH NJW 1997, 3437, 3439.

[46] Ersteres unwirksam, da Kündigu...