I. "Gestaltungen"
Rz. 5
In Anbetracht des mit der Vorschrift bezweckten "Rundumschutzes" des AGB-Rechts ist dieses Tatbestandsmerkmal grundsätzlich weit zu verstehen. Erfasst werden von ihm zunächst einmal Rechtsgeschäfte jeder Art, insbesondere vertragliche Gestaltungen.
Rz. 6
Eine vertragliche Gestaltung liegt beispielsweise vor, wenn der Verwender missbräuchlich eine Rechtsbeziehung in der Form des Gesellschafts- oder Vereinsrechts gestaltet, um durch die in § 310 Abs. 4 BGB geregelten Bereichsausnahmen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu entgehen.
Rz. 7
Das Umgehungsverbot betrifft darüber hinaus aber auch Rechtshandlungen wie beispielsweise das Stellen von Forderungen: Durch eine Forderungsberühmung wird die Rechtslage zwar nicht verändert, wohl aber gegenüber dem Adressaten das Bestehen einer Rechtslage suggeriert. Die Suggestion von Rechtslagen ist nun aber gerade ein AGB-spezifisches Regelungsanliegen: Durch Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen darf nicht der unzutreffende Eindruck einer bestimmten Rechtslage geschaffen werden. Gegen die Kontrollnormen des AGB-Rechts verstoßende Gestaltungen sind deshalb nicht nur unwirksam (§ 306 Abs. 1 BGB), sondern haben überhaupt zu unterbleiben (§ 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UKlaG). Der Bundesgerichtshof hat es deshalb einer Bank im Verbandsprozess untersagt, ihre Mitarbeiter generell anzuweisen, von ihren Kunden bei Scheck- und Lastschriftretouren auch ohne AGB-Regelung Schadensersatz in Höhe von 15,00 DM zu fordern, ohne den Schaden jeweils einzelfallbezogen zu berechnen und zu begründen. Ebenfalls im Verbandsprozess hat der Bundesgerichtshof einer Bank verboten, ihren Kunden einen Betrag von 6,90 EUR "als jeweils aktuelle Kosten für geduldete Überziehungen" in Rechnung zu stellen; diese Praxis missachte die Unwirksamkeit der AGB-Klausel, aufgrund deren die Bank für geduldete Überziehungen 6,90 EUR habe beanspruchen wollen. Ähnlich verhält es sich, wenn in einem Katalog Hinweise – wie beispielsweise auf mögliche Schwankungen des Leistungsinhaltes – erteilt werden, die es dem Verwender ermöglichen sollen, sich gegenüber Verbrauchern auf Allgemeine Geschäftsbedingungen berufen zu können, etwa um eine nachträgliche Änderung oder Abweichung von der versprochenen Leistung einseitig durchzusetzen.
Rz. 8
Rein tatsächliche Handlungen – wie beispielsweise die Ausstattung von Kassen an Supermärkten mit Süßigkeiten- und Zigarettenregalen (von denen ja auf einzelne der an den Kassen Wartenden je nach deren Nervenkostüm mittelbarer Kaufzwang ausgehen kann) – werden von dem Tatbestandsmerkmal "Gestaltungen" dagegen nicht erfasst, weil sie sich eben in rein tatsächlichem Bereich bewegen und keinerlei rechtlichen Bezug haben. Ihnen – unter Umständen – zu begegnen, ist Sache des Wettbewerbsrechts (§§ 1 S. 1, 3 ff. UWG).
Rz. 9
Eine "Gestaltung" i.S.d. § 306a BGB stellt es demgegenüber dar, wenn kontrollfähige Nebenabreden mit kontrollfreien Hauptabreden in einer Klausel zusammengefasst sind.
II. "Die Vorschriften dieses Abschnittes"
Rz. 10
Das Erfordernis eines – wie auch immer gearteten – rechtlichen Bezugs der zu beurteilenden Gestaltung ergibt sich aus ihrem Objekt: Sie müssen einen AGB-rechtlichen Bezug haben. Das bedeutet zweierlei: Zum einen geht es um den im vorigen Abschnitt angesprochenen rechtlichen Bezug der Gestaltung. Dieser Bezug ist gegeben, wenn der Klauselverwender aus der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel keine Konsequenzen zieht, sondern das ihm durch diese Klausel "gestattete" Verhalten einfach fortsetzt. Zum anderen steht der für Allgemeine Geschäftsbedingungen typische Rationalisierungseffekt in Rede. Die zu beurteilende Handlung muss also auf eine Vielzahl von Fällen abzielen (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB). Deshalb kann auch eine interne Anweisung eines Unternehmens an seine Mitarbeiter, gegenüber den Kunden in einer bestimmten Weise zu verfahren, von § 306a BGB erfasst werden.
III. "Umgangen werden"
Rz. 11
Aus der Verbform des Nebensatzes ergibt sich zweierlei:
1. Keine Umgehungsabsicht
Rz. 12
Angesprochen ist der rein objektive Tatbestand der Umgehung. Umgehungsabsicht setzt die Vorschrift deshalb nicht voraus. Erforderlich ist aber eine tatsächliche oder rechtliche Gestaltung, die bei gleicher Interessenlage das gleiche Ziel erstrebt wie die unwirksame AGB-Regelung und die jedenfalls objektiv nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen. So, nämlich rein objektiv, wurde auch schon die Umgehungsnorm des § 6 AbzG verstanden.
2. Handlungen Dritter
Rz. 13
Wie beim Passiv üblich, bleibt da...