Gesetzestext
Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.
A. Entstehungsgeschichte
Rz. 1
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielt kein Umgehungsverbot. Demgegenüber forderte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu diesem Entwurf die Einfügung einer solchen Vorschrift. Dabei verwies er insbesondere auf die Bedeutung, die das Umgehungsverbot in § 6 AbzG für die Entwicklung der Rechtsprechung – vor allem zum finanzierten Abzahlungskauf – erlangt habe. Die Bundesregierung widersprach dem in ihrer Gegenäußerung mit der Begründung, die allgemeinen Vorschriften des Entwurfs ließen genügend Raum für eine sachgerechte Interpretation; Versuchen, die in den Klauselkatalogen enthaltenen Verbote zu umgehen, könne ohne Schwierigkeit mithilfe der Generalklausel entgegengetreten werden. Den wenigen theoretisch noch verbleibenden Umgehungsmöglichkeiten dürfte unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) der Erfolg zu versagen sein. Der Rechtsausschuss des Bundestags empfahl jedoch einmütig, der Anregung des Bundesrates zu folgen und ein allgemeines Umgehungsverbot einzufügen. Dabei hatte er insbesondere die Bereichsausnahmen des Vereins- und Gesellschaftsrechts (§ 23 Abs. 2 AGBG; nunmehr § 310 Abs. 4 S. 1 BGB) im Auge: Die Abnehmer von Waren könnten in Vereinen oder Gesellschaften organisiert und die Pflichten ihrer Mitglieder als Beiträge oder Ähnliches dargestellt werden, um Verboten wie beispielsweise der Laufzeitbeschränkung (§ 11 Nr. 12 AGBG; nunmehr § 309 Nr. 9 BGB) zu entgehen. So gelangte das Umgehungsverbot des § 7 in das AGBG. Bei der Übernahme des AGB-Rechts in das BGB im Wege der Schuldrechtsreform wurde auch diese Regelung unverändert – eben in § 306a BGB – übernommen.
Rz. 2
Vergleichbare Regelungen finden sich in § 312k S. 2 BGB, § 475 Abs. 1 S. 2 BGB, § 512 S. 2 BGB.
B. Zweck der Vorschrift
Rz. 3
Nach ihrem Wortlaut sowie nach ihrer Entstehungsgeschichte zielt das Umgehungsverbot auf jegliche Umgehung der Vorschriften des AGB-Rechts durch anderweitige Gestaltungen. Demgegenüber hatte der Bundesgerichtshof den Anwendungsbereich des § 7 AGBG zunächst einmal nur auf die Kontrollnormen der §§ 9–11 AGBG (nunmehr §§ 307–309 BGB) bezogen, für die §§ 1–6 AGBG (nunmehr §§ 305–306 BGB) dagegen als bedeutungslos erachtet: Wer in rechtlich zulässiger Weise vermeide, unwirksame Klauseln zu verwenden, könne nicht auf Unterlassung ihrer Verwendung in Anspruch genommen werden. In einer späteren Entscheidung hat er sich dagegen von dieser beschränkten Sichtweise gelöst.
C. Praktische Bedeutung
Rz. 4
Die Vorschrift hat in der Rechtsprechung nur geringe Bedeutung erlangt. Es gibt wenige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die sich auf sie stützen; bei näherer Analyse dieser Judikatur bleiben allein zwei Entscheidungen übrig, die sich ausschließlich mit dem Umgehungsverbot des § 306a BGB und nicht etwa mit der Generalklausel des § 307 BGB begründenlassen. Darauf wird im Folgenden noch zurückzukommen sein.
D. Tatbestandsvoraussetzungen
I. "Gestaltungen"
Rz. 5
In Anbetracht des mit der Vorschrift bezweckten "Rundumschutzes" des AGB-Rechts ist dieses Tatbestandsmerkmal grundsätzlich weit zu verstehen. Erfasst werden von ihm zunächst einmal Rechtsgeschäfte jeder Art, insbesondere vertragliche Gestaltungen.
Rz. 6
Eine vertragliche Gestaltung liegt beispielsweise vor, wenn der Verwender missbräuchlich eine Rechtsbeziehung in der Form des Gesellschafts- oder Vereinsrechts gestaltet, um durch die in § 310 Abs. 4 BGB geregelten Bereichsausnahmen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu entgehen.
Rz. 7
Das Umgehungsverbot betrifft darüber hinaus aber auch Rechtshandlungen wie beispielsweise das Stellen von Forderungen: Durch eine Forderungsberühmung wird die Rechtslage zwar nicht verändert, wohl aber gegenüber dem Adressaten das Bestehen einer Rechtslage suggeriert. Die Suggestion von Rechtslagen ist nun aber gerade ein AGB-spezifisches Regelungsanliegen: Durch Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen darf nicht der unzutreffende Eindruck einer bestimmten Rechtslage geschaffen werden. Gegen die Kontrollnormen des AGB-Rechts verstoßende Gestaltungen sind deshalb nicht nur unwirksam (§ 306 Abs. 1 BGB), sondern haben überhaupt zu unterbleiben (§ 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UKlaG). Der Bundesgerichtshof hat es deshalb einer Bank im Verbandsprozess untersagt, ihre Mitarbeiter generell anzuweisen, von ihren Kunden bei Scheck- und Lastschriftretouren auch ohne AGB-Regelung Schadensersatz in Höhe von 15,00 DM zu fordern, ohne den Schaden jeweils einzelfallbezogen zu berechn...