1. Unangemessen lange Annahmefrist
Rz. 15
Unangemessen lang ist die Annahmefrist, wenn sie über den in § 147 Abs. 2 BGB definierten Zeitraum einschließlich einer sachlich gebotenen Überlegungszeit erheblich hinausgeht und der Verwender daran kein schutzwürdiges Interesse hat, hinter dem das Interesse des Kunden am baldigen Wegfall seiner Bindung zurückstehen müsste.
Die hiernach erforderliche Interessenabwägung muss sich grundsätzlich an den Umständen orientieren, die für den Vertragsgegenstand typisch sind. Im Ergebnis führt dies zu einer branchenspezifischen Konkretisierung. Bei Verbraucherverträgen (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) ist auch die individuelle Situation bei Vertragsschluss zu berücksichtigen; dies schreibt die EG-Verbraucherrichtlinie vor. Dazu gehört beispielsweise beim Gebrauchtwagenkauf der Umstand, dass das konkrete Fahrzeug dem Händler zur Verfügung steht und der konkrete Kunde bar zahlen will. Dann ist eine Annahmefrist von 10 Tagen zu lang.
Rz. 16
Zugunsten des Verwenders sind bei der Abwägung folgende Interessen zu berücksichtigen: notwendige Verhandlungen mit Dritten, notwendige Nachforschungen, notwendige Kalkulation, notwendige Terminsabstimmung mit Dritten, Sicherstellung der Lieferung durch Vorlieferanten, Prüfung der Kreditwürdigkeit des Kunden, Aufbau einer Eigenfinanzierung, Abstimmung mit Behörden (insb. Einholung erforderlicher Genehmigungen), Prüfung von Steuerfragen. Bei Alltagsgeschäften wird all dies jedoch nur selten in Betracht kommen. Nicht schutzwürdig ist ein Spekulationsinteresse des Verwenders, also die Offenhaltung der Möglichkeit, in der verlängerten Annahmefrist ein günstigeres Geschäft abzuschließen.
Rz. 17
Beispiele nicht unangemessen langer Bindungsfristen für den Kunden sind: vier Wochen bzw. ein Monat beim Darlehensvertrag mit einer Hypothekenbank, beim Kauf eines Neuwagens, außer wenn das Fahrzeug dem Händler bereits zur Verfügung steht und beiderseits nichts mehr zu klären ist, oder beim Kauf eines hochwertigen technischen Geräts, sechs Wochen beim Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags, 52 Werktage bei der Ausschreibung von Bauleistungen durch eine Gemeinde.
Rz. 18
Unangemessen lang sind etwa mehr als 14 Tage bei Geschäften des täglichen Lebens, drei Wochen beim Kauf von Möbeln, die der Verwender bereits vorrätig hat, sechs Wochen beim Darlehensvertrag mit einer Hypothekenbank, zwei Monate beim Leasingvertrag, 99 Jahre beim Grundstückskauf, auch in einem Erbbaurechtsvertrag mit einem Unternehmer. Beim Bauträgervertrag sind regelmäßig vier Wochen angemessen, drei Monate jedenfalls unangemessen, und sechs Wochen nur angemessen, wenn hierfür ein schutzwürdiges und vorrangiges Interesse des Verwenders besteht. Unangemessen lang ist es auch, wenn eine Messegesellschaft als Vermieterin die Annahme eines Angebots über die Miete eines Messestands bis zur Eröffnung der Messe hinausschiebt. Unwirksam sind schließlich Klauseln, wonach das Angebot des anderen Teils – auch wenn widerruflich – unbefristet fortbesteht und vom Verwender der AGB jederzeit angenommen werden kann.
2. Nicht hinreichend bestimmte Annahmefrist
Rz. 19
Bestimmt ist die Annahmefrist, wenn der Durchschnittskunde sie ohne Schwierigkeiten nach Beginn, Dauer und Ende berechnen und somit ohne Schwierigkeiten und ohne Rechtsberatung feststellen kann, wie lange er an sein Angebot gebunden ist.
Rz. 20
Unbestimmt sind hiernach "ca.-Fristen", eine "gewerbeübliche Frist" u.Ä.
Nicht hinreichend bestimmt sind Fristen in Klauseln, welche auf ein Ereignis abstellen, das sich in der Sphäre des Verwenders abspielt oder von dem nur der Verwender Kenntnis hat, etwa der Zugang des Angebots beim Verwender, der Eingang der Kreditauskunft oder der Eingang weiterer Unterlagen. Dasselbe gilt, wenn die Frist durch einen Umstand verlängert werden soll, dessen Eintritt vom Willensentschl...